WARUM WERBUNG FÜR ÄRZTE SO WICHTIG IST
2012 wurden die heilmittelwerberechtlichen Spielräume für Ärzte gelockert. Ein Berater empfiehlt Praxisinhabern, in Sachen Eigenwerbung besondere Fähigkeiten hervorzuheben – nach außen wie nach innen.
Werbung und Marketing sind bei den meisten Arztpraxen längst Standard. Laut Stephan Kock, Geschäftsführer der Berliner Praxisberatung Kock und Voeste Existenzsicherung für Heilberufe, verfügen inzwischen rund 110.000 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, über eine Website – das sind rund 80 Prozent.
„Werbung ist besonders für die junge Generation selbstverständlich“, erläutert Kock im Gespräch mit der Ärzte Zeitung. Die meisten Ärztinnen und Ärzte seien heute internetaffin und gestalteten ihre Websites dementsprechend anwenderfreundlich etwa durch Tools zur Terminvergabe.
Mediziner, die sich gegen Marketingmaßnahmen entscheiden, beriefen sich dabei häufig auf ihr ärztliches Selbstverständnis. „Sie wollen ausschließlich für die Menschen da sein und finden Werbung unärztlich.“ Zur Erinnerung: Wenn Ärzte werben, unterliegen ihre Aktivitäten etlichen Vorgaben, insbesondere der Musterberufsordnung und dem Heilmittelwerbegesetz (HWG).
Im Zuge der AMG-Novelle 2012 wurden im HWG verankerte Restriktionen gelockert: Demnach ist es Praxen inzwischen erlaubt, ihre Leistungen öffentlich zu machen. Ärzte dürfen mit Gutachten, Zeugnissen oder wissenschaftlichen Veröffentlichungen auf ihre Expertise hinweisen. Werbung darf aber nicht vergleichend, reißerisch oder irreführend daherkommen.
Instrument zur Mitarbeiterbindung
Maßnahmen wie der Internetauftritt oder Corporate Branding seien aber längst nicht mehr nur Instrumente zur Außendarstellung. Kock sieht eine immer stärkere Tendenz zum „Marketing nach innen“. Beispielhaft nennt er Visitenkarten, die nicht nur über Kontaktdaten der jeweiligen Mitarbeiter informieren, sondern diesen auch ein Zugehörigkeitsgefühl zur Praxis vermitteln sollen.
Praxismarketing diene damit besonders der Mitarbeiterbindung. „Gerade im Zeichen des Fachkräftemangels spielt das eine enorme Rolle. Hier ist Kreativität gefordert“, so Kock. Vergleiche man die Homepages der Ärzte, trenne sich schnell die Spreu vom Weizen: Punkten könnten Praxen sowohl bei Patienten als auch bei ihrem Personal mit einer modernen, positiven Bildsprache. Fotos fröhlicher Teams seien ideal, um MFA-Nachwuchs zu gewinnen.
Er empfiehlt Arztpraxen, sich online und offline klar zu positionieren, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Denn Hausärzte hätten häufig das Problem, Allrounder sein zu müssen und sich mit „Allerweltsthemen“ wie Impfungen, Vorsorgeuntersuchungen oder EKG zu befassen. Hier könne helfen, sich auf eine bestimmte Zielgruppe und deren Bedürfnisse zu konzentrieren, so gibt es beispielsweise Praxen, die speziell HIV-Infizierte ansprechen oder Behandlungen für Angstpatienten anbieten. Wer sich spezialisiere, sei in der Lage, Spitzenleistungen abzurufen und Patienten einen Mehrwert zu bieten.
Ärzte sollten sich deshalb fragen, für welche Leistung sie die meiste Motivation mitbringen, empfiehlt Kock. Wo kann ich besondere Referenzen vorweisen? Welche Kontakte bringen mich weiter? „Diese strategische Erfolgsposition muss für die Patienten und auch für die Mitarbeiter deutlich zu erkennen sein“, betont der Praxisberater.
Auf die Patienten hören
Mediziner, die einen außergewöhnlichen Stil pflegen und ungewöhnliche Dienstleistungen anbieten, sollten dies noch stärker betonen und auf Individualität setzen. Marktnischen zu besetzen, eröffne außerdem die Möglichkeit, neue Patienten und Einnahmequellen zu generieren.
Doch wie können Ärzte ein Gefühl für Beliebigkeit und Einzigartigkeit entwickeln? Hier kommt Kock auf folgende Faustformel: „30 Prozent besser als 90 Prozent der Mitbewerber sein. Einzigartig ist man dann, wenn andere mindestens drei Jahre benötigen, um einen zu kopieren.“ Ganz wichtig sei es dabei, auf die Patienten zu hören. Oftmals würden diese besonders schätzen, was man „so nebenbei“ macht. (kaha)