Zusatznutzen-Tool für Arztpraxen kommt
Lange wurde darüber diskutiert, jetzt ist die Verordnung für das neue Arztinformationssystem in Kraft. Zum 1. Juli 2020 soll das System startklar sein.
BERLIN. Die Elektronische Arzneimittelinformationen-Verordnung, kurz EAMIV, ist in Kraft getreten. Damit hält auch das Arztinformationssystem (AIS) Einzug in den Praxisalltag. Zum 1. Juli 2020 sollen die Mindestanforderungen an das neue elektronische Programm stehen und das System startklar sein.
Mithilfe des neuen Arztinformationssystems (AIS) sollen sich Ärzte künftig ohne große zusätzliche Recherche einen Überblick über den vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) festgelegten Zusatznutzen neuer Medikamente verschaffen können.
AIS soll dabei auch Angaben zu zweckmäßigen Vergleichstherapien enthalten, die der GBA bei der Bestimmung des Zusatznutzens zugrunde legt.
Entsprechende Beschlüsse des GBA sollen in verständlicher Form in der Praxissoftware der Vertragsärzte abgebildet werden. AIS soll aber auch in Kliniken zum Tragen kommen. Sowohl die Mindestanforderungen an die Informationen wie auch an die Darstellung der Informationen im AIS sollen laut Verordnung am 1. Juli 2020 fix sein.
Der GBA hatte Informationen über den Zusatznutzen neuer Wirkstoffe bisher auf seiner Internetseite bekannt gemacht. Die Rechtsgrundlage der Neuerungen im Zuge der EAMVI bildet das sogenannte Arzneimittelversorgungs-Stärkungsgesetz vom Mai 2017.
Lange Streitigkeiten vorausgegangen
Um die Einführung des neuen Praxis-Tools hatte es zahlreiche Streitigkeiten gegeben. Vertreter der Ärzteschaft hatten betont, dem AIS grundsätzlich positiv gegenüberzustehen.
Es müsse sich aber um ein Instrument handeln, dass den Arzt bei der Auswahl eines Arzneimittels im Rahmen seiner Therapieentscheidung unterstütze.
Krankenkassen wiederum hatten moniert, Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel kämen bislang nicht in ausreichender Weise in der Versorgungspraxis an. Die Grundlage für eine am Zusatznutzen orientierte Preisbildung für Arzneimittel hatte der Gesetzgeber mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) von 2010 gelegt.
GBA-Beschlüsse in Praxissoftware einspeisen
Die Herausforderung besteht nun darin, die Informationen aus den GBA-Beschlüssen in die Praxissoftware einzuspeisen.
Gefragt sein dürften dabei vor allem Softwareanbieter. Der GBA wiederum sieht seine Aufgabe darin, die bisher in PDF-Dateien veröffentlichten Informationen zu Nutzenbewertungen dergestalt aufzubereiten, dass diese sich abrufbar und maschinenlesbar in die Praxissoftware einpflegen lassen.
Dieses Prozedere sei aufwändig, zumal ältere Beschlüsse des Gremiums ebenfalls einzubeziehen seien. Der Aufwand sei aber gerechtfertigt, hieß es.
„Kernpunkte für eine moderne Praxissoftware“
Der GKV-Spitzenverband erklärte, mit der Verordnung seien „Kernpunkte für eine moderne Praxissoftware“ definiert.
Ärzte könnten künftig „deutlich einfacher auf Informationen zugreifen und erfahren, ob ein neues Arzneimittel tatsächlich einen Zusatznutzen belegen konnte oder nicht und welche Patientengruppen davon profitieren können“, sagte Ann Marini, stellvertretende Sprecherin des Verbandes, der „Ärzte Zeitung“.
„Wir hätten uns zugleich gewünscht, dass in den Vorgaben an die Praxissoftware auch der Zugang zu den Jahrestherapiekosten enthalten gewesen wäre, um über die Ausgabenwirkung einer Arzneimittelverordnung zu informieren. Technisch wäre das mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich gewesen.“ Der Punkt sei vom Gesetzgeber in der Verordnung aber leider nicht aufgegriffen worden.