URTEIL: BEREITSCHAFTSDIENST STATT ARZTPRAXIS _ DAS GEFÄHRDET DIE ZULASSUNG
München. Ärzte, die sich stark im Bereitschaftsdienst engagieren und dafür aber ihre Praxis vernachlässigen, können ihre Zulassung verlieren. Das jedenfalls hat das Sozialgericht München in einem von dem Berliner Medizinrechtler Philip Christmann veröffentlichten Urteil entschieden. Der Streit liegt nun beim Bayerischen Landessozialgericht in München.
Der Kläger im Streitfall war Hausarzt in einer Berufsausübungsgemeinschaft in München. Er stand kurz vor der Rente und hatte zuletzt nur einzelne Patienten in seiner Praxis behandelt. Dafür engagierte er sich besonders im Ärztlichen Bereitschaftsdienst. Der Zulassungsausschuss mahnte 2017 an, er müsse mehr in seiner Praxis arbeiten.
Weil der Arzt mit nun höchstens 70 Patienten pro Quartal dem nicht ausreichend nachkam, entzog ihm der Zulassungsausschuss 2019 wegen längerer Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit die vertragsärztliche Zulassung. Die Tätigkeit im Bereitschaftsdienst sei ihm ja auch ohne Zulassung weiterhin möglich.
Versorgungsauftrag ist am Vertragssitz zu erfüllen
Mit seiner Klage verwies der Arzt auf bis zu 400 Patenten, die er pro Quartal im Bereitschaftsdienst behandele. Dies müsse mit berücksichtigt werden. Zudem helfe er in der Praxis mit kurzen Beratungen am Tresen, Verordnungen und Telefonberatung, was sich in seiner Abrechnung nicht widerspiegele. Dies entspreche schon viele Jahre der Praxisstruktur seiner Berufsausübungsgemeinschaft.
Dem folgte das Sozialgericht München nicht. Für die Frage der Zulassung komme es allein auf die bei der vertragsärztlichen Tätigkeit abgerechneten Leistungen an. Andere Tätigkeiten, etwa kurze Beratungen am Tresen, eine Lehrtätigkeit oder eben auch die Tätigkeit im Ärztlichen Bereitschaftsdienst zählten nicht.
Zur Begründung heißt es in dem Urteil, die Zulassung sei mit der Pflicht verbunden, „den Versorgungsauftrag am Vertragsarztsitz zu erfüllen“. Die Tätigkeit im Bereitschaftsdienst sei „ein Annex zur vertragsärztlichen Tätigkeit“.
Der Arzt hat hiergegen das Landessozialgericht München angerufen. Auch Christmann, der den Fall aber nicht vertreten hat, kritisierte das Urteil als unschlüssig. Denn der Bereitschaftsdienst sei vergleichbar mit Hausbesuchen bei Praxispatienten. Diese würden als vertragsärztliche Tätigkeit berücksichtigt. (mwo)
Sozialgericht München, Az.: S 20 KA 481/19