Return to sports: Wiederherstellung der Funktions- und Leistungsfähigkeit im Sport nach Verletzungen
Zusammenfassung
Nach einer Sportverletzung hat neben den diagnostischen und daraus resultierenden therapeutischen Aspekten die Rückkehr und der Zeitpunkt des Wiedereinstiegs in den Sport einen hohen Stellenwert für Patienten. In der Regel findet eine zeitbasierte Empfehlung bezüglich der Rückkehr zum Sport über klinische und radiologische Untersuchungen sowie der subjektiven Patienteneinschätzung statt. Diese Faktoren sind jedoch zur Beurteilung der Sportfähigkeit nicht ausreichend. Die Verletzungsart und deren Behandlung bestimmen die Heilungsprozesse. Diese verlaufen regelhaft in verschiedenen Phasen. Die notwendige neuromuskuläre Funktion ergibt sich aus dem Anforderungsprofil der Sportart und des Sportlevels. Erreicht wird diese abhängig von der Qualität und Quantität der Rehabilitationsmaßnahmen. Extrinsische und intrinsische Faktoren beeinflussen diesen Verlauf ebenso wie psychologische Prozesse. Zur Sicherung der Rehabilitationsziele und Steuerung des Rehaprozesses sind Return to sports Testungen phasengerecht eingesetzt sinnvoll.
Schlüsselwörter: return to sports, Sportverletzung, Rehabilitation
Einleitung
In unserer aktiv geprägten Gesellschaft hat Sport einen hohen Stellenwert, Verletzungen stellen dagegen unerwünschte Begleiterscheinungen dar. Das Verletzungsrisiko, die Lokalisation und Verletzungsart sind unter anderem von der Sportart sowie dem Sportlevel abhängig. Die Rekonvaleszenz und der Wiedereinstieg in das Training und gegebenenfalls Wettkampf haben einen hohen Stellenwert für den Patienten.
Als Grundlage für differenzierte Therapiekonzepte zur suffizienten Ausheilung, Wiedererlangung der Sport- und Wettkampffähigkeit dient eine gezielte diagnostische Vorgehensweise. Neben der Anamnese und klinischen Untersuchung kommen bildgebende Verfahren und eventuell biomechanische Messungen zum Einsatz. Mit den erhobenen Daten wird die Art der Verletzung festgestellt und eventuell eine Einteilung in verschiedene Typen oder Graduierungen vorgenommen. Zusätzlich können bekannte anatomische und biomechanische Risikofaktoren ermittelt werden, welche die Verletzung beeinflussen. So können konservative oder operative Behandlungsmethoden für die verschiedenen Pathologien optimiert angewendet werden. Trotz dieser Voraussetzungen ist die Rückkehr zu sportlichen Belastungen nach Verletzungen deutlich limitiert. Nur ca. 40-80% der Patienten mit unterschiedlichen Sportverletzungen kehren in ihrer Sportart zum ursprünglichen Leistungslevel zurück. 1,27,37
Diese Tatsache lässt sich durch klinische Tests, radiologische Untersuchungen und subjektive Patienteneinschätzungen nach der Rehabilitation nicht hinreichend erklären. 4
Auch die sehr unterschiedlichen Angaben zum Zeitpunkt für die Rückkehr zum Sport sind unbefriedigend und basieren meist auf den oben genannten Kriterien.
Die Empfehlungen für eine Rückkehr zum Sport variieren zum Beispiel nach einer VKB Plastik zwischen 3 bis 9 Monaten. 2,21,30,34
Ein weiterer Grund für die Auseinandersetzung mit der Thematik – return to sports - ist das sekundäre Verletzungsrisiko, welches zum Teil ein nicht unerhebliches Ausmaß annimmt. So werden Rerupturraten von 2,5-13 % nach VKB Rekonstruktionen beschrieben, Reluxationsraten von bis zu 40 % nach der Behandlung von Patellaluxationen, und hohe Rezidivraten von bis zu 80% nach Supinationstraumata des oberen Sprunggelenks mit Kapselbandverletzungen.6,11,23,33,36
Interessant ist auch der Zeitpunkt der Wiederverletzung. Nach einer VKB Plastik ist die Rerupturrate unabhängig von der Operationstechnik bei Aufnahme der Wettkampfbelastungen < 7 Monaten nach operativer Versorgung (15,3 %) wesentlich höher als nach 7 Monaten postoperativ (5,2 %).22 Auch ein Großteil der erneuten Umknickverletzungen am Sprunggelenk ereignet sich in den ersten 12 Monaten nach der primären Verletzung.6 Offensichtlich reichen die im klinischen Alltag angewandten Faktoren für die Beurteilung der Sportfähigkeit in Bezug auf Zeitpunkt und Risiko für eine Sekundärverletzung nach Verletzungen nicht aus. Ideal wäre es die Belastbarkeit über definierte Kriterien festlegen zu können. Hierzu ist jedoch ein höherer Aufwand mit einer mehrschichtigen Analyse notwendig.
Vor ca. 30 Jahren beschäftigten sich bereits verschiedene Fachdisziplinen mit der Rückkehr zum Sport nach Verletzungen. Schon damals war klar, dass sich die Rehabilitation auf die Erfordernisse der Sportart und des Sportlevels beziehen muss, ein progressiver Aufbau der Therapieinhalte notwendig ist und die Inhalte sich auf die verschiedenen motorischen Beanspruchungen und Funktionen des Bewegungsapparats beziehen müssen.15,26
Stufen der Aktivitätslevel
Verschiedene Stufen bei der Rückkehr zum Sport werden durchschritten. Diese werden im folgenden beschrieben.
Return to Activity
Der Begriff „Return to Activity“ stellt den ersten zu erreichenden Level der Rehabilitation dar. Darunter versteht man die Wiedererlangung motorischer Basisfunktionen oder die Aktivierung von grundlegenden Bewegungsmustern.
Return to Sports
Die nächste Stufe stellt der „Return to Sports“ dar, welcher die Wiederaufnahme von sportartspezifischem Training mit ausgewählten Inhalten, wie zum Beispiel ein Dribbeln im Fußball, und Vermeidung von risikoreichen Belastungen kennzeichnet.
Return to Play
Der „Return to Play“ ist gekennzeichnet durch die Wiederaufnahme von Trainingsinhalten, die der eigentlichen Wettkampfbelastung, simuliert unter Trainingsbedingungen nahe kommt.
Dieser Status entspricht einer fast vollen Sportfähigkeit. Der Athlet hat nur noch geringe oder keine verletzungsbedingten Einschränkungen mehr. Die neuromuskuläre und metabolische Leistungsfähigkeit wird dem Anforderungsprofil der Sportart gerecht. Negative Bewegungsstrategien, die eine Verletzung begünstigen können, sind in den durchgeführten Trainingssituationen nicht mehr vorhanden.
Return to Competition
Der „Return to Competition“ stellt dann die vollständige Wiederherstellung dar, sodass die Anforderungen in der gewählten Sportart und dem gewünschten Sportlevel ohne Einschränkungen und wenn möglich ohne erhöhtes Risiko einer Wiederverletzung absolviert werden können (Abb.1).18,19,20.
Einflussfaktoren
Zur Beurteilung der Belastbarkeit nach Verletzungen sollten verschiedene Kriterien herangezogen werden. Es können strukturelle, funktionelle und psychologische Faktoren klassifiziert werden (Abb.2).
Strukturelle Faktoren
Die strukturellen Faktoren beziehen sich zum einen auf die Verletzung selbst zum anderen auf anatomische Einflussfaktoren. Die Verletzungslokalisation, -art und der Schweregrad sowie die Behandlung bestimmen Heilungsprozesse, die einen sehr komplexen biologischen Prozess darstellen. Es können verschiedene Wundheilungsphasen unterschieden werden. Nach der eigentlichen Schädigung des Gewebes am Bewegungsapparat durch die Verletzung mit der Haemostase und Exsudation beginnt die Inflammationsphase, gefolgt von der Proliferationsphase. Als nächster Schritt schließt sich die Reparations- oder Regenerationsphase an.14
Zur optimalen Heilung sollten diese Phasen und ihre biologischen Funktionen in einer optimalen zeitlichen Reihenfolge, und einer optimalen Intensität erfolgen.13 Auch nach operativen Eingriffen gelten definierte Heilungsprozesse. Ein vorderes Kreuzbandtransplantat unterliegt zum Beispiel nach der primären Einheilungsphase in die Bohrkanäle einem Remodellingprozess.10,16 Die dafür notwendige zeitliche Komponente kann bis zur endgültigen Umwandlung des Sehnentransplantats in eine neue Bandstruktur nur unwesentlich beschleunigt werden.
Die Heilungsvorgänge müssen deshalb oft durch Bewegungslimitierungen und eine Reduktion der einwirkenden Kräfte auf die verletzte Struktur bis zur Ausheilung geschützt werden.
Hierzu können gezielt Orthesen eingesetzt werden, die den Schutzansprüchen genügen. Dies kann durch fundiert ausgearbeitete Funktionselemente kombiniert mit komfortgerechten Bauweisen erreicht werden und stellt hohe Ansprüche an die Entwickler und Produkthersteller.
Die einwirkenden Kräfte auf eine anatomische Struktur sind von den Belastungen im Alltag, den Rehabilitationsinhalten und den sportlichen Beanspruchungen abhängig. Ein Bereich der gezielt festgelegt, gesteuert und kontrolliert werden kann. Einen optimalen Reiz für die jeweilige Heilphase konkret zu definieren ist nur bedingt möglich. Mit zunehmendem Voranschreiten der Heilungsprozesse wird bei geeigneter Rehabilitation die Funktion zunehmend verbessert und in den Fokus der Behandlungsinhalte treten.
Zusätzlich bestehen weitere Faktoren für eine mögliche Folgeverletzung oder ungünstige Heilungsprozesse. Diese können in extrinsische und intrinsische eingeteilt werden. Als intrinsische Faktoren können unter anderem die konditionelle und koordinative Leistungfähigkeit, der psychologische Status sowie anatomische und antropometrische Daten verstanden werden.39 Als anatomische Risikofaktoren für VKB Verletzungen sind zum Beispiel die Notchweite, der tibiale Slope, die Geometrie des medialen Tibiaplateaus und die unterschiedlichen Kondylenradien ausfindig gemacht worden.28,40,41 Extrinsische Faktoren beziehen sich zum Beispiel auf die Sportart und deren Regelwerk, Bodenbeschaffenheiten, Ausrüstung, Wetterbedingungen und den Betreuerstab.39
Bei vermeintlich gleicher Verletzung aber unterschiedlicher Konstellation der extrinsischen und intrinsischen Risikofaktoren sowie der Ansprüche kann sowohl die Therapieempfehlung als auch der Prozess bis zum „Return to competition“ unterschiedlich bewertet, beziehungsweise Ziele, Inhalte und die Geschwindigkeit der Rehabilitation unterschiedlich definiert werden.
Funktionelle Faktoren
Anforderungsprofil
Ein definiertes Ziel ist die Voraussetzung zur Ermittlung der notwendigen Leistungsfähigkeit. Jede Sportart besitzt ein spezifisches sportmotorisches Anforderungsprofil. Das Sportlevel und die Zielstellung bestimmen die Gewichtung einzelner notwendiger Fähigkeiten in der jeweiligen Sportart.
Die Ausgangssituation des Patienten vor der Verletzung ist oft nur im Leistungssport durch die regelmäßigen leistungsdiagnostischen und biomechanischen Untersuchungen sowie dem momentanen Entwicklungsstand im Training und Wettkampf bekannt. Im Freizeitsport geben Informationen zur ausgeübten Sportart, dem Sportlevel sowie der Trainingsanamnese mit Inhalten, Umfängen und Intensitäten jedoch einen guten Überblick bezüglich der aktuellen Situation.
Phasenadaptierte Rehabilitation
Ein phasenadaptiertes Rehabilitationsprogramm ist zum einen den vier Heilphasen und zum anderen den vier Aktivitätsphasen anzupassen und kann so in die Bereiche Heilung der verletzten Struktur und Wiederherstellung der gewünschten Funktion gegliedert werden.
Die Heilung der verletzten Struktur lässt sich oft nur in geringem Maße beschleunigen. Ungünstige Störfaktoren wie Schwellungszustände, Faszienverklebungen, Schmerzen, lange Immobilisationszeiten und übermäßige Entzündungszustände sind regelmäßig zu überprüfen und durch geeignete therapeutische Maßnahmen so weit als möglich auszuschalten.
Funktionelle Leistungsfähigkeit
Der Bereich der funktionellen Leistungsfähigkeit verhält sich reziprok zur Heilung. Steht der Heilungsprozess am Anfang im Vordergrund und beeinflusst den zeitlichen Verlauf maßgebend wird dieser bei zunehmender Ausheilung immer weniger relevant. Die neuromuskuläre und metabolische Leistungsfähigkeit gewinnt an Bedeutung für die Beurteilung der Belastbarkeit.
Nach dem Abgleich zwischen Ist- und dem ermittelten Soll-Zustand werden zuerst allgemeine und später spezielle sowie sportartspezifische Behandlungsinhalte festgelegt. Diese müssen den Limitierungen der Heilungsvorgänge der verletzten Struktur angepasst werden. Die Umsetzung erfolgt gemäß physiotherapeutischen Erkenntnissen sowie sportwissenschaftlichen, trainingsmethodischen und biomechanischen Grundsätzen.
Die Entwicklung der neuromuskulären Funktion und der metabolischen Leistungsfähigkeit ist sehr stark von der Quantität sowie Qualität der Rehabilitations- und Trainingsinhalten abhängig. Der Rehabilitationsplan sollte individuell an die Ausgangssituation, den möglichen oder realistischen Zeitaufwand und die festgelegten Ziele angepasst sein. Ein stufenweiser Trainingsaufbau setzt zum einen relevante Reize zur Anpassung, schützt aber auch vor Über- und Unterforderung und minimiert das Risiko einer Wiederverletzung.
Die benötigte Trainingszeit zum erreichen der Ziele hängt zum einen von der Differenz des Ist- zum Sollzustand, zum anderen von der Trainingsanpassung ab.
Ein optimaler Bewegungsablauf und eine muskuläre Sicherung eines Gelenks reduzieren die resultierenden Kräfte und damit den Stress auf verschiedene Gelenkstrukturen, können aber oft nicht direkt gemessen werden. Dennoch ist es sinnvoll, systematisch zum Beispiel Abstopp und Antrittsbewegungen, wie sie in vielen Sportarten vorkommen, zu trainieren. Über methodische Reihen kann die Stabilität der Bein- und Beckenachsen oder die Gleichgewichtsfähigkeit zuerst allgemein und später spezifisch beübt werden (Abb. 3,4,5,6). Zusätzlich ist die Determinierung von Verletzungsursachen ein wichtiger Bestandteil. Dies beinhaltet die Analyse der Verletzungsmechanismen und kann zur Entwicklung von Behandlungs- und Trainingsinhalten führen, welche geeignet sind negative Bewegungsmuster zu minimieren. Damit werden günstige Voraussetzungen für die zu erwarteten Belastungen geschaffen. Eine Trainingsmöglichkeit stellt die Simulation von Risikosituationen unter kontrollierten und beherrschbaren Gegebenheiten dar. Dies macht dem Athleten zum einen die Problemsituation bewusst, zum anderen kann er ohne Angst vor Verletzungen Lösungsstrategien entwickeln um diese Risikosituationen erfolgreich bewältigen zu können.
Sicherheit/Tests
Die alleinige Umfangsmessung und optische Beurteilung der Muskulatur haben nur eine geringe Korrelation mit der neuromuskulären Leistungsfähigkeit. So werden zunehmend return to sports Tests im klinischen Alltag eingesetzt auch wenn für diese Tests unter streng wissenschaftlichen Kriterien keine hohe Evidenz besteht.5
Sportbiomechanische und metabolisch-physiologische Messungen können im Bereich der Kondition, Technik, Eignung und Belastung stattfinden. Die Ergebnisse der Analysen dienen als Grundlage zur Steuerung der Belastungsgestaltung, des Konditions- und Techniktrainings, der Leistungsprognose und der Sicherheit in den einzelnen Rehabilitationsphasen.
Es kann zwischen Tests unterscheiden werden, die isoliert eine Komponente der Leistungsfähigkeit messen und zum anderen funktionelle Tests. Der Vorteil von isolierten Testverfahren wie einer Kraftmessung ist, dass die Messgröße sehr genau einer einzelnen Fähigkeit, hier der Kraft, zugesprochen werden kann (Abb.7). Die Ergebnisse der Messungen werden entweder auf bekannte Referenzwerte bezogen, mit den Zielwerten des Anforderungsprofils verglichen oder der limb symmetry index (LSI) ermittelt um Defizite zur unverletzten Körperseite aufzudecken. Beim LSI werden für die sichere Rückkehr zur sportlichen Belastung des Ausgangsniveaus Werte gefordert die > 90% der gesunden Extremität entsprechen. Der Grundgedanke hierbei ist sicherzustellen, dass die verletzte Extremität einen akzeptablen Zustand erreicht, um Überlastungen zu minimieren.36 Der Nachteil einer isolierten Messgröße ist, dass nur sehr eingeschränkt ein Rückschluss auf eine sichere Rückkehr zu Alltags- oder Sportaktivitäten gezogen werden kann. Da selten nur eine Komponente der Leistungsfähigkeit das Anforderungsprofil bestimmt ist es sinnvoll mehrere Tests durchzuführen, um die Bandbreite der relevanten Faktoren abzudecken und die Aussagekraft zu erhöhen.
Funktionelle Tests zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit simulieren die einwirkenden Kräfte während sportartspezifischer Belastung unter kontrollierten klinischen Bedingungen. Auf der Basis von biomechanischen Kenntnissen und Anforderungsprofilen von Belastungen lassen sich Testkriterien ableiten. Die Tests sollten die verschiedenen leistungsrelevanten Faktoren bestimmen und den Zeitpunkt des Rehabilitationsprozesses berücksichtigen. Also die zu erwartende Belastbarkeit nicht überschreiten und eine realistische Leistungsfähigkeit voraussetzten. Anders ausgedrückt, die Schwierigkeit der Tests sollte immer dem aktuellen Stand der Gelenkfunktion und dem neuromuskulären Status angepasst sein. Zusätzlich wird gefordert, die Gütekriterien von Messungen so gut wie möglich zu erfüllen, das heißt sie sollten zuverlässig, reproduzierbar, valide und objektivierbar sein.7 Meist werden sowohl quantitative als auch qualitative Kriterien zur Auswertung der Tests benutzt.
Relativ einfache Tests sind verschiedene hop Tests. Beim einem single hop Test wird zum Beispiel die Sprungweite gemessen, beim side hop Test (Abb.8) die Anzahl der Sprünge in einer definierten Zeit zur Ermittlung der Sprungkraftausdauer. Die Werte können auch hier mit Referenzwerten verglichen oder der LSI berechnet werden. Qualitativ werden die funktionellen Bewegungsmuster nach geeigneten Faktoren bewertet. Ein Beispiel hierzu stellt das landing error score sytem (LESS) dar. Hier wird ein definierter drop jump aus 30 cm Höhe absolviert und dann systematisch über ein Punktesystem verschiedene Gelenk- und Körperpositionen ausgewertet sowie ein Gesamtwert ermittelt, der die Qualität einer Landung misst.29
Die verschiedenen Tests sollten optimaler Weise eine gute Aussagekraft bezüglich der Belastbarkeit und der Sicherheit bei Belastungen aufweisen. Dadurch kann die Steuerung des Rehabilitationsverlauf optimiert werden. Zusätzlich können Trainings-, und Therapieinhalte bei Defiziten abgeleitet werden. Diese finden sich mittlerweile in Präventionsprogrammen, wie dem „FIFA 11+ - Programm“, zur Vermeidung von Knieverletzungen im Fußball wider. Auch für andere Sportarten sind mittlerweile validierte Trainingsprogramme beschrieben.
Psychologische Faktoren
Nicht zuletzt sind auch psychologische Faktoren in die Rehabilitation sowie die Entscheidungsfindung zur Freigabe von Trainings- und Wettkampfbelastungen einzubeziehen.
Verletzungen führen in der Regel primär zu einer eher negativen psychologischen Reaktion wie Anspannung, vermindertes Selbstwertgefühl, Angst und depressiver Haltung.35 Das soziale Umfeld eines Sportlers mit Familie, Trainer, Freundeskreis, Arzt, Physiotherapeut und sonstigen Personen kann eine Hilfe darstellen aber durch unrealistische Erwartungen auch negative psychologische Reaktionen hervorrufen. So ist eine extrinsische Motivation mehr mit einer negativen Wahrnehmung und Vorstellung zum „Return to Sports“ Verlauf assoziiert als eine intrinsische Motivation die meist eine positive Einstellung generiert.32
Die Fähigkeit des Athleten mit Stress umzugehen beeinflusst zusätzlich die Rehabilitationsmaßnahmen.24 Die aktuelle Datenlage weist Hinweise auf, dass positive psychologische Verhaltensweisen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit der Sportrückkehr auf das Ausgangslevel nach Verletzungen verknüpft sind.3
Als wichtige Faktoren zur gesunden psychologischen Entwicklung im Rehabilitationsverlauf wurden die Selbständigkeit, im speziellen mit intrinsischer Motivation und das Selbstwertgefühl ermittelt.12 Bei den kognitiv emotionalen Fähigkeiten ist die Ausbildung einer angepassten Risikobereitschaft, der Abbau von Ängsten und Steigerung des Selbstvertrauen sowie der Zufriedenheit mit einer positiven Stimmungslage bedeutend.31 All diese Faktoren können beim Athleten schon vor einer Verletzung bewusst gemacht und positiv ausgebildet werden. Aber auch im Rehabilitationsverlauf können diese Punkte durch realistische Rehaziele und eine angemessene Erwartungshaltung des Umfeldes beeinflusst werden und zu einer positiven Einstellung zum Genesungsverlauf verhelfen.17 Die Angst sich wieder zu verletzen oder nicht mehr zum Sport zurück zukehren fällt im optimalen Rehaverlauf ab und steigt dann vor dem Wiedereinstieg in den Wettkampfbetrieb noch einmal deutlich an.8,9 Angst vor einer nochmaligen Verletzung ist auch der Hauptgrund zur Sportaufgabe oder der Sportausübung auf einem geringeren Level.4 Der phasenhafte Therapieverlauf mit Ausbildung der notwendigen Leistungsfähigkeit an die sportartspezifischen Anforderungen und die Testbatterien zwischen den Therapiestufen schaffen Vertrauen für die Aufgaben im Sport. Spezielle psychologische Screening Tools, wie der patientenorientierte, krankheitsspezifische ACL RSI (Return to sport after injury) Fragebogen (deutsche Version), können die psychologischen Faktoren objektivieren.25
Schlussfolgerung
Da Sportverletzungen zu einer eingeschränkten Sportfähigkeit führen können und ein sekundäres Verletzungsrisko besteht, sollten verschiedene Grundsätze bei der Behandlung beachtet werden. Ein phasenadaptierter Rehabilitationsverlauf sollte strukturelle, funktionelle und psychologische Faktoren berücksichtigen und auf das sportartspezifische Anforderungsprofil abgestimmt sein. Anfangs steht der Heilungsprozeß im Vordergrund und kann zeitlich wenig beeinflusst werden, benötigt aber gezielte therapeutische und protektive Maßnahmen. Im Weiteren gewinnt die funktionelle Komponente an Bedeutung, die zuerst allgemein und später spezifisch trainiert und strukturiert getestet werden kann, um die Belastungsfähigkeit zu verbessern und zu beurteilen. So können die verschiedenen Stufen der Aktivität zuverlässig und risikoarm erreicht werden.
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