RECHTSANWÄLTIN KLÄRT AUF: GEIMPFT ODER GENESEN – DÜRFEN ÄRZTE DAS DIE PRAXISMITARBEITER FRAGEN?
Das Infektionsschutzgesetz erlaubt Praxisinhabern, den Impfstatus ihrer Mitarbeiter zu erfragen. Das gilt jedoch nur für Impfungen, die die KRINKO für erforderlich hält. Cave: Die COVID-Prävention gehört bislang nicht dazu!
Berlin/Köln. Aktuell kontrovers diskutiert: Ein Recht für Arbeitgeber, den Corona-Impfstatus ihrer Belegschaft abzufragen. Status quo ist derzeit jedoch, dass der Arbeitgeber „nur solche Informationen erfragen darf, an denen er ein legitimes Interesse hat“, wie es in einer Mitteilung des Verbands der Arbeitsrechts-Anwälte (VdAA) heißt. Und „da es keine Impfpflicht gibt, kann es auch kein legitimes Interesse geben“.
Der Bundestag hat unterdessen eine entsprechende Auskunftspflicht für Mitarbeiter in der Pflege, in Kitas und Schulen beschlossen. Und wie sieht es aus in der Medizin? Hier gelten tatsächlich heute schon Ausnahmen: Paragraf 23a des Infektionsschutzgesetzes erlaubt unter anderem Praxisinhabern und Klinikchefs, „personenbezogene Daten eines Beschäftigten über dessen Impf- und Serostatus“ zu erheben, „um über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder über die Art und Weise einer Beschäftigung zu entscheiden“.
Allerdings gilt das noch nicht für die COVID-19-Impfung, wie Dr. Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht der Kölner Kanzlei RPO Rechtsanwälte, im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ betont. Oberthür verweist auf den Sachzusammenhang mit dem vorherigen Paragrafen 23 Absatz 3 Infektionsschutzgesetz. Dort werden die Leiter etwa von Kliniken, Pflegediensten, Arzt- und Zahnarztpraxen verpflichtet, „erforderliche Maßnahmen“ zum Infektionsschutz in ihren Einrichtungen zu treffen.
Diese Erforderlichkeit ist „nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft“ zu bewerten. Und diesen Stand wiederum, argumentiert Oberthür, definiert die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO), die eigens dazu beim RKI eingerichtet wurde, Hygiene-Empfehlungen für Kliniken und Praxen abzugeben.
Deren jüngste, von Ende April dieses Jahres datierenden Empfehlungen beinhalten jedoch die COVID-Impfung noch gar nicht – und zwar für keine der drei Bereichskategorien A, B und C (hohes, mittleres, geringes Risiko der Übertragung von Personal auf Patienten oder umgekehrt). Erst wenn diese Impfung in die Liste der von der KRINKO geforderten Schutzimpfungen aufgenommen ist, so Oberthür weiter, dürften Praxisinhaber bei ihren Mitarbeitern auch den Impfstatus in dieser Indikation abfragen.
Datenschutzrechtlich wären sie dann gemäß Paragraf 26 Absatz 3 Bundesdatenschutzgesetz zur Abfrage dieser als besonders sensibel geltenden persönlichen Daten legitimiert.
Wir freuen uns über die Vorbildfunktion der MFA.
Hannelore König, Präsidentin des Berufsverbands der medizinischen Fachangestellten (VmF) zur überdurchschnittlich hohen Impfquote unter MFA
Unterdessen provoziert die COVID-Impfung im Praxisalltag allem Anschein nach nur ganz vereinzelt Dissens. Einer Umfrage der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege zufolge liegt die Impfbereitschaft unter Beschäftigten in Gesundheitsberufen mit mehr als 80 Prozent deutlich über dem Bevölkerungsschnitt. Und auch der Impfstatus ist selten ein großes Geheimnis.
„Da die meisten Hausarztpraxen kleine Betriebseinheiten mit einem engen Vertrauensverhältnis sind, ist man zumeist sehr gut über den Impfstatus des Teams informiert und tauscht sich auch offen darüber aus“, sagte Dr. Barbara Römer, Hausärztin in Saulheim und Vorsitzende des Hausärzteverbands Rheinland-Pfalz, der „Ärzte Zeitung“. Was für die Pädiater Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbands BVKJ bestätigt: „Tatsächlich ist der Impfstatus der Praxismitarbeiter in der Regel bekannt“. Nur „vereinzelt“ gebe es Skeptiker und Ungeimpfte.
Sanktionen bringen nichts
Der Berufsverband der medizinischen Fachangestellten (VmF) beruft sich auf eine Erhebung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), wonach die Impfquote unter niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten 97,7 Prozent beträgt, beim Praxispersonal 90,4 Prozent.
„Wir freuen uns über die Vorbildfunktion der MFA“, betont VmF-Präsidentin Hannelore König. Zahlen zum Impfstatus der Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) liegen ihr nicht vor. Aus Gesprächen bei Schulungen lasse sich aber schließen, dass die Impfquote dort ähnlich hoch ist. König: „Impfskepsis ist in beiden Bereichen kein nennenswertes Problem.“
Auch aus ihrer Sicht ist Transparenz in Sachen Impfstatus gelebte Realität in den Praxen. „Solange die Gesetzeslage unklar ist, beraten wir unsere Mitglieder individuell. Nach wie vor sehen wir nicht die Notwendigkeit einer Corona-Impfpflicht und setzen auch beim Impfstatus auf das wertschätzende Gespräch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Androhung von Sanktionen sollte auf beiden Seiten unterbleiben. Wie bei der Corona-Impfung ist vielmehr Aufklärung und Motivation gefragt.“
Das sieht der hausärztliche Internist und Geriater Rodrigo Wageck aus Grünstadt in der Pfalz genauso: „Ich kenne den Impfstatus meines Personals – und würde bei Neueinstellungen auch immer danach fragen.“