Positionspapier zur ambulanten Versorgung
Vorstoß von Laumann-Ministerium ärgert Hausärztinnen- und Hausärzteverband
Düsseldorf. Ein Positionspapier des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) zur Reform der ambulanten ärztlichen Versorgung stößt bei den Hausärztinnen- und Hausärzteverbänden in Nordrhein und Westfalen-Lippe auf wenig Gegenliebe. In dem Papier plädiert das von Karl-Josef Laumann (CDU) geleitete Ministerium für die Einführung eines verbindlichen Systems von Bezugsarztpraxen. Das kritisieren die beiden Verbände als Angriff auf das etablierte Modell der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV).
Im vergangenen Jahr hatte das MAGS die Akteurinnen und Akteure des nordrhein-westfälischen Gesundheitswesens zum Austausch über die ambulante Versorgung der Zukunft eingeladen. Ziel war es, Ideen für eine bessere und effizientere Patientenversorgung zu sammeln. „Das MAGS hat diese Ideen teilweise weiterentwickelt und eine Einschätzung vorgenommen, was zur Umsetzung erforderlich ist und mit welchen Hürden zu rechnen ist“, erläutert das Ministerium in dem Positionspapier, das der Ärzte Zeitung vorliegt.
Es geht dabei ausdrücklich um Konzepte des MAGS und nicht um ein abgestimmtes Konsenspapier der Beteiligten. Genau daran stoßen sich die Vertreter des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands. „Wir sind maximal verwundert über die hier präsentierten Ergebnisse, da sie in den Arbeitsgruppen, die wir als Vertreterinnen und Vertreter der Hausärzteschaft in den zurückliegenden Monaten intensiv mit begleitet und gestaltet haben, nie besprochen und erst recht nicht abgestimmt worden sind“, sagt Lars Rettstadt, 1. Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe, in einer Mitteilung.
Zu den meisten Fachärzten nur mit Überweisung
Man habe bewusst versucht, die Probleme in der hausärztlichen Versorgung in einem offenen Prozess aufzuzeigen und verständlich zu machen, ergänzt Elke Cremer, 1. Vorsitzende des nordrheinischen Verbands. „Unser Ziel war es, gemeinsam mit allen Beteiligten im System gute Lösungsansätze zu finden."
Der Vorschlag des MAGS für eine verbindliche Navigation der Patientinnen und Patienten über Bezugsarztpraxen entspricht diesem Ziel offensichtlich nicht. Die frei zu wählenden hausärztlichen Bezugspraxen sollen über Überweisungen den Zugang der Patientinnen und Patienten zur fachärztlichen Versorgung regeln. Ausgenommen sind Kinderärzte, Augenärzte, Gynäkologen sowie Zahnärzte. Für sie soll ebenso wenig eine Überweisung nötig sein wie für Vorsorgeuntersuchungen.
Ziel der Navigation soll es sein, die Patientinnen und Patienten in die jeweils richtige Versorgungsebene zu steuern, und zwar orientiert am objektiven Bedarf. Dafür benötigt werden laut MAGS standardisierte und einheitliche Ersteinschätzungsverfahren, der Ergebnisse verbindlich sein sollen.
Kollektivvertrag statt HZV
Das sind sicherlich alles Inhalte, die wohl auch die Hausärztinnen- und Hausärzteverbände in Nordrhein und Westfalen-Lippe unterschreiben können. Anders sieht es aber mit folgender Konsequenz aus: „Das bisherige Einschreibemodell zur hausarztzentrierten Versorgung sollte durch eine gesetzliche Verankerung in der Regelversorgung abgelöst werden“, heißt es in dem Positionspapier. „So könnten alle gesetzlich Versicherten von einer bezugsarztzentrierten Steuerung profitieren.“ Zudem stellt das Ministerium klar, dass die Hausärztinnen- und Hausärzteverbände nicht länger für die Abrechnung der HZV zuständig wären.
Die Forderung nach einer Abschaffung der HZV und einer Überführung in die Regelversorgung stelle die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse auf den Kopf, findet Rettstadt. „Aus der bestehenden, gut funktionierenden und gleichzeitig evaluierten HZV nun eine ‚Bezugsarztpraxiszentrierte Versorgung‘ im KV-System machen zu wollen und zu glauben, dass so alle Versorgungsprobleme gelöst werden, ist ein Irrglaube!“, betont er.
Seiner Meinung nach würde das Gegenteil passieren. „Eine Überführung der HZV ins Regelsystem wird dafür sorgen, dass die Versorgung schlagartig schlechter wird“, sagt Rettstadt. „Gute Patientenversorgung kann nur gemeinsam mit den Hausärztinnen und Hausärzten gelingen. Gegen sie wird sie scheitern.“
Die Patientennavigation und die Bezugsarztpraxis sind nur einer der Komplexe, mit denen sich das Positionspapier des MAGS auseinandersetzt. Die weiteren sind: Vergütung, Teampraxis, Bürokratieabbau und Digitalisierung. (iss)
Quelle: Ärzte Zeitung - Springer Medizin Verlag GmbH