PATIENTENDATENSCHUTZGESETZ: KERN DES PDSG IST DIE GESTALTUNG DER EPA
Das Patientendaten-Schutz- Gesetz (PDSG) hat den Bundesrat passiert. Ärztinnen und Ärzte müssen sich auf eine ganze Reihe von digitalen Neuerungen einstellen. Und die Patienten bekommen einige Hebel an die Hand, um ihre Ärzte digital auf Trab zu halten.
Berlin. Beim Stichwort PDSG ist die elektronische Patientenakte (ePA) das erste, was genannt werden muss. Denn die Notwendigkeit, den Datenschutz und die Patientenrechte im Zusammenhang mit der ePA zu regeln, stand am Anfang der PDSG- Historie. Entsprechend prominent ist die ePA im Gesetz vertreten. Ab dem 1. Januar 2021 sind die Krankenkassen gemäß Paragraf 342 SGB V verpflichtet, ihren Versicherten eine ePA anzubieten. Ärzte müssen erst ab dem 30. Juni 2021 nachweisen können, dass sie über die für den ePA-Zugriff notwendigen Komponenten verfügen (Paragraf 341 SGB V).
Diese ePA soll zunächst zwei „Datentöpfe“ haben. Da ist zum einen der Topf „Gesundheitsdaten, die durch den Versicherten zur Verfügung gestellt werden“. Hier kann an die PDF-Zusammenfassung eines Uhren-EKG gedacht werden, aber auch an einen abfotografierten oder gescannten Arztbrief bzw. ein Befunddokument.
Wie der Impfpass digital wird – und was das Ärzten und Patienten nutzt
Der zweite Topf, den es bereits ab Januar geben wird, sind die „medizinischen Informationen über den Versicherten“. Das sind Dokumente, die von medizinischen Einrichtungen – Krankenhäusern und Arztpraxen – in die ePA eingestellt werden. Hier finden sich neben Arztbriefen und Befunden auch die elektronischen Notfalldaten und der elektronische Medikationsplan.
Ein Datentopf nach dem anderen
Ein weiterer Datentopf soll Anfang 2022 dazukommen, ein „Krankenkassentopf“ für jene Abrechnungs- und Leistungsdaten, die einige Krankenkassen schon heute in elektronische Gesundheitsakten einspielen.
Auch Daten zur zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchung und die elektronische Impfdokumentation sollen Teil der ePA werden. Mit der ersten ePA-Version wird das nicht gehen. Zahnbonusheft, Impfdokumentation und andere Anwendungen sind „Medizinischen Informationsobjekte“ (MIO), an denen seit einem Jahr unter Führung der KBV gebastelt wird. MIO sind strukturierte Datensätze. Sie werden für die ärztliche Dokumentation einen Quantensprung bedeuten, weil sie die Doppeldokumentation reduzieren und die Datenqualität deutlich verbessern werden.
Schon jetzt: Warten auf „ePA 2.0“
Schrittweise fit für die genannten und andere MIO wird die ePA aber erst in der Version „ePA 2.0“, in einer idealen Welt ab 2022. Ab 2023 landen dann auch Daten zur pflegerischen Versorgung – ebenfalls ein MIO – und die elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (eAU) in der ePA. Außerdem sollen 2023 auch erste strukturierte Datensätze für chronische Erkrankungen folgen. Der Diabetes wird hier immer wieder als erstes genannt, auch weil die Deutsche Diabetes Gesellschaft angekündigt hat, zügig ein Diabetes-MIO in den KBV-Prozess zu bringen. In der ePA landet all das nur dann, wenn der Patient es möchte. Denn die ePA ist auf Patientenseite strikt freiwillig.
86 Paragrafen und zwei ganze Kapitel mehr als bisher umfasst ab das Sozialgesetzbuch V (SGB V) ab Einführung des Patientendatenschutzgesetzes. Vor allem die Ausgestaltung der ePA nimmt künftig breiten Raum im SGB V ein. Insgesamt kommt das SGB mit Inkrafttreten des Gesetzes auf fünfzehn Kapitel mit 417 Paragrafen.
Auf Seite der medizinischen Einrichtungen ist sie das nicht. Sowohl niedergelassene Ärzte als auch Krankenhausärzte müssen die ePA ab 2021 auf dem Schirm haben, so will es zumindest das PDSG. Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bzw. der Krankenhausversorgung müssen GKV-Versicherte darüber informiert werden, dass sie Anspruch auf Übermittlung von Behandlungsdokumenten in ihre ePA haben. Und Ärzte bzw. Krankenhäuser müssen auf Verlangen des Versicherten die entsprechenden Dokumente in die ePA übermitteln und dort speichern.
Faktisch heißt das, dass die Praxis-IT-Systeme ab Jahresanfang „ePA-fit“ sein sollten. Dass das flächendeckend gelingt, gilt als sehr unwahrscheinlich. Was nach wie vor „steht“, ist die im PDSG festgezurrte Pflicht für die elektronische Verordnung verschreibungspflichtiger Medikamente über die Telematikinfrastruktur ab 1. Januar 2022. Dies soll über eine App geschehen, die von der gematik entwickelt und zur Verfügung gestellt wird. Die entsprechende technische Spezifikation wurde im Sommer vorgelegt. Mit der Erstellung eines digitalen Vordrucks für das Grüne Rezept wird die Selbstverwaltung qua PDSG zumindest beauftragt – ohne Frist.
An anderen Stellen wurden zuletzt einige telematikbezogene Fristen zumindest in Frage gestellt. So ist nach wie vor offen, ab wann genau Ärzte eine eAU elektronisch an die Krankenkassen übermitteln müssen. Das Digitale-Versorgung-Gesetz hatte hier den 1. Januar 2021 genannt. Im Moment sieht es eher nach zweiter Jahreshälfte 2021 aus.
Monetäre Anreize
Doch zurück zum PDSG: Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und auch Apotheker müssen Patienten beim Umgang mit der ePA unterstützen, wenn gewünscht. Bei Apothekern gilt das für die Aufnahme von Arzneimitteln in die ePA. Bei (Zahn-) Ärzten und Psychotherapeuten ist es vor allem die erstmalige „Befüllung“ einer neuen ePA, wo der Gesetzgeber Beratungsbedarf sieht. Diese Beratung soll dem Arzt einmalig pro Versicherten mit 10 Euro vergütet werden, aber nur im Jahr 2021. Ebenfalls auf ein Jahr nach Inkrafttreten des PDSG befristet ist eine Verdopplung der mit 8,79 € dotierten EBM-Ziffer für die Anlage der elektronischen Notfalldaten. Dies ist als Anreiz gedacht, diesen Datensatz zügiger in die Fläche zu bringen.
Zum Patienten: Der ist Eigentümer seiner ePA, und er wird hinsichtlich der dort abgelegten Daten – die lediglich Kopien bzw. Exzerpte der Originaldaten in den ärztlichen, psychotherapeutischen und klinischen Informationssystemen sind – alle Rechte erhalten, bis hin zur Löschung. Er kann sich nicht nur frei entscheiden, eine ePA zu nutzen, er soll auch sehr detailliert – auf Ebene einzelner Dokumente – bestimmen können, welche Leistungserbringer zugreifen dürfen und welche nicht. Das gilt ab Anfang 2022 bzw. ab der oben genannten ePA Version 2.0. Bis dahin sieht das PDSG eine Übergangsregelung vor. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hatte das zuletzt kritisiert.
Das ist aber noch nicht alles an Patientenrechten: Für fast revolutionär halten viele Paragraf 342 Absatz 4 SGB V, wonach Patienten, die eine ePA nutzen, ab 2023 das Recht bekommen, ePA-Daten zu Forschungszwecken zu exportieren. Dem sind durch §363 SGB V zwar enge Grenzen gezogen. Aber allein die Möglichkeit einer solchen Datenspende ist eine fundamentale Neuerung für das deutsche Gesundheitswesen.