ONLINE-URTEIL: NEGATIVE ARZTBEWERTUNG IM WEB NUR NACH PRAXISBESUCH
Im Wege einer einstweiligen Verfügung können Ärzte auf schnelle gerichtliche Hilfe hoffen, wenn sie online unrechtmäßig schlecht bewertet oder beleumundet werden. Das zeigt der jüngste Fall einer renitenten Zahnarztpatientin.
Heidelberg/Köln. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum – auch nicht in der Arzt-Patienten-Beziehung. Das macht ein jetzt veröffentlichtes, noch nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts (LG) Heidelberg erneut deutlich. Demzufolge sind unwahre Tatsachenbehauptungen und Schmähkritik nicht von der Meinungsfreiheit geschützt. Betroffene müssen derartige Äußerungen nicht dulden. Dasselbe gelte, wenn einer Online-Arztbewertung eines Patienten – anders als suggeriert – kein Geschäftskontakt bzw. Patientenkontakt zugrunde liegt. Darauf weist die Kölner Sozietät LHR Rechtsanwälte hin.
Die Sozietät vertrat nach eigenen Angaben einen Zahnarzt, dessen nun verurteilte Patientin seine Praxis im Jahr 2013 und 2017 aufsuchte. Sie habe eine Wurzelbehandlung, das Einsetzen von Kronen und eine Parodontosebehandlung verlangt. Der Zahnarzt sei aber nach der Untersuchung, für die er Zahnstein entfernen musste, zu dem Ergebnis gelangt, die gewünschten Behandlungen wären medizinisch nicht indiziert. Aus diesem Grund habe er sie auch nicht vorgenommen. Anschließend habe er sich mit der Krankenversicherung der Patientin in Verbindung gesetzt, die für die Beratung erforderlichen Untersuchungen – aber keine darüber hinausgehenden Behandlungen – in Rechnung gestellt.
Abfällige Bemerkung eingetragen
Die Patientin habe sich daraufhin abfällig über den Zahnarzt auf dessen Google-My-Business-Profil geäußert. Die Bewertung habe zudem fälschlicherweise den Eindruck erweckt, in der Praxis würden schönheitschirurgische Behandlungen vorgenommen. Der Zahnarzt ließ die Bewertung entfernen. Er brachte den Sachverhalt zur Anzeige. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen eine Zahlung von 600 Euro ein.
Im Februar 2021 habe die Patienten eine weitere negative Bewertung bei Google abgegeben, sie behauptete, der Zahnarzt habe Abrechnungsbetrug begangen. Der Vorwurf war laut Sozietät jedoch frei erfunden. Das Heidelberger LG habe daraufhin eine einstweilige Verfügung erlassen, in der der Patientin verboten werde, den Zahnarzt öffentlich wahrheitswidrig des Abrechnungsbetrugs und der falschen Verdächtigung zu bezichtigen. Bei einer Zuwiderhandlung drohe ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder gar Haft.
Landgericht Heidelberg, Az.: 2 O 78/21