MFA DRINGEND GESUCHT: FACHKRÄFTEMANGEL MACHT ARZTPRAXEN ZU SCHAFFEN
Jede zweite Praxis suchte 2019 und 2020 Personal – bei einem Großteil blieb die Suche erfolglos, zeigen Ergebnisse einer Zi-Umfrage. Vor allem an qualifizierten MFA mangelt es auf dem Arbeitsmarkt. Das hat Folgen für die ambulante Versorgung.
Berlin. Seit Jahren wird über den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen diskutiert, im Fokus standen dabei aber meist Pflegeberufe sowie Ärztinnen und Ärzte. Nun tut sich eine neue Lücke auf: Immer mehr vertragsärztliche und psychotherapeutische Praxen können nicht-ärztliche Stellen nicht mehr besetzen.
Jede zweite Praxis (50,2 Prozent) suchte in den Jahren 2019 und 2020 nach Personal, der größte Anteil davon hielt nach Medizinischen Fachangestellten (MFA) Ausschau. So das Ergebnis einer am Dienstag veröffentlichten Sonderbefragung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) im Rahmen des Zi-Praxis-Panels, an der sich fast 5300 Praxen beteiligt haben.
Es gehen keine Bewerbungen ein
Dabei gaben 46 Prozent der Praxen an, dass sich erst gar keine Bewerberinnen und Bewerber auf ihre Stellenausschreibung meldeten. 52 Prozent sagten zudem, dass die Bewerber, die sich meldeten, nicht ausreichend qualifiziert für den Job seien.
Besonders kritisch sehen die Praxen die Verfügbarkeit von qualifizierten MFA auf dem Arbeitsmarkt: 94 Prozent meinen, diese sei schlecht oder gar sehr schlecht. Und auch bei technischen Assistenten geben 86 Prozent der Praxen die Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt mit schlecht oder sehr schlecht an.
Selbst mit Blick auf die Zukunft sind die Praxen eher pessimistisch gestimmt: Über zwei Drittel erwarten auch in den Jahren 2021/22 substanzielle Probleme, geeignetes Personal auf dem Arbeitsmarkt zu finden.
Hausärzte haben bei Ausbildung die Nase vorn
Und das, obwohl die Praxen selbst viel dafür tun, dass es qualifizierte MFA gibt: Mehr als die Hälfte der Vertragsarztpraxen bilden nicht-ärztliches Fachpersonal aus. Mit fast 68 Prozent bilden Hausärzte häufiger angehende MFA aus, als ihre Facharztkollegen. Hauptgrund für die Ausbildung ist tatsächlich die Qualifizierung von Personal, das langfristig in der eigenen Praxis eingesetzt werden soll –, das zumindest sagen 78,5 Prozent.
Dennoch sind rund ein Viertel der Praxen von der Abwanderung selbst ausgebildeten Personals betroffen. Der größte Anteil der Auszubildenden (37,3 Prozent), der trotz Übernahmeangebot die Praxis verließ, wechselte in eine andere Arztpraxis. 18,7 Prozent wanderten hingegen in die Klinik ab.
Bei den MFA, die schon länger in der Praxis tätig sind und kündigen sieht das Verhältnis etwas anders aus: Jeweils rund ein Fünftel orientieren sich beruflich neu oder wechseln in eine andere Praxis. Rund elf Prozent kündigen für eine Stelle in der Klinik.
Der Personalmangel wirkt sich bereits auf die Versorgungssituation in den Praxen aus: 15 Prozent der Praxen mussten zumindest zeitweise ihr Leistungsangebot einschränken. 30 Prozent der Praxen, die in den vergangenen zwei Jahren Personal suchten oder angestellt hatten, mussten zudem delegierbare Leistungen einschränken. Im Schnitt reduzierten die Praxen in 2019 und 2020 ihren Leistungsumfang wegen fehlendem nicht-ärztlichen Personals laut Zi um 14,1 Wochen pro Praxis.
Die meisten MFA, die auf eigenen Wunsch die Praxis verließen, waren dort erst ein bis fünf Jahre tätig. Langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind demnach eher seltener wechselbereit.
Sonderleistungen eher die Regel als die Ausnahme
Die Praxen tun dabei durchaus einiges, um Personal zu halten. Knapp drei Viertel schütten Sonderzahlungen oder andere Zulagen aus. Über die Hälfte zahlt Gehälter in Anlehnung an einen Tarifvertrag, 31 Prozent zahlen sogar über Tarif. Fast jede zweite Praxis bietet außerdem Sachleistungen wie die Erstattung von Kinderbetreuungskosten oder die private Nutzung des Praxis-PKW an.
Über zwei Drittel der Praxen nutzten auch die steuerfreie Corona-Sonderzahlung, im Schnitt wurden 856 Euro je nicht-ärztlichem Mitarbeiter pro Praxis ausgezahlt.
Der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried sieht die Hauptursache für die prekäre Situation auf dem Arbeitsmarkt denn auch eher darin, dass die Praxen bei der Personalsuche immer öfter in Konkurrenz zu Kliniken stehen. „Immer häufiger machen Krankenhäuser das Rennen um die gut ausgebildeten nicht-medizinischen Fachkräfte. Das wundert nicht, denn seit Jahren steigt der so genannte Orientierungswert und damit der Preis pro Leistung für Krankenhäuser stärker als der für Vertragsarztpraxen.“ Zwischen 2016 und 2020 sei dieser für Krankenhäuser um 15,02 Prozent gestiegen, für Vertragsarztpraxen lediglich um 6,96 Prozent, rechnet er vor. Den Kliniken falle es damit leichter, höhere Gehälter zu zahlen.