Kostenlose Online-AU: Ärztekammer kritisiert au-schein.de als rechtswidrig
Die Ärztekammer Hamburg prüft rechtliche Schritte gegen das Angebot von au-schein.de, kostenlose AU auszustellen – unter anderem für COVID-19-Patienten. Das Unternehmen bezeichnet das als „wohltätigen Zweck“.
Seit dem 5. März bietet der Anbieter von Online-Krankschreibungen, www.au-schein.de, kostenlose Online-Krankschreibungen für Patienten mit Verdacht auf Infektion mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) und für Patienten mit Erkältung oder Grippe an. Jetzt hat die zuständige Ärztekammer Hamburg rechtlich Zweifel an dem Angebot angemeldet.
Für die Krankschreibung füllt der Nutzer von www.au-schein.de online einen Fragebogen über seine Beschwerden aus. Ein Tele-Arzt kann den Fragebogen freigeben und das PDF der Krankmeldung dem Nutzer zur Verfügung stellen.
300 Online-Krankschreibungen an einem Tag
Wer „in den letzten 14 Tagen, also während der Inkubationszeit von COVID-19, in einem Risikogebiet war oder Kontakt zu einem Infizierten hatte, erhält er die Krankschreibung für maximal 14 Tage mit dem Vermerk des Grunds“, teilt www.au-schein.de mit.
Das Bundesgesundheitsministerium rät in diesen Fällen zur freiwilligen häuslichen Quarantäne – auch ohne Symptome, wie www.au-schein.de betont.
Zur Eindämmung des Corona-Virus habe das Portal am Montag bereits rund 300 Krankschreibungen für Risikopatienten in freiwilliger häuslicher Quarantäne ausgestellt und 500 Scheine für Patienten mit Erkältung und Grippe, sagt Dr. Can Anray, Gründer und Geschäftsführer von www.au-schein.de der „Ärzte Zeitung“.
Ärztekammer mit rechtlichen Bedenken
Nach Ansicht der Hamburger Ärztekammer verstößt das Angebot allerdings gegen § 12 Abs. 2 Satz 3 der Musterberufsordnung (MBO). Darin heißt es, „Ärztinnen und Ärzte dürfen die Sätze nach der GOÄ nicht in unlauterer Weise unterschreiten.“
Außerdem liege laut Kammersprecherin Sandra Wilsdorf ein Verstoß gegen das Heilmittelgesetz (HWG) vor. Denn § 7 HWG verbiete „Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten“.
Ob nun rechtliche Schritte gegen www.au-schein.de folgen, lässt die Kammer offen. Schließlich ist Anray kein Arzt und damit auch kein Kammermitglied. Wilsdorf: „Wir sehen das Ganze sehr kritisch und prüfen, ob wir berufsrechtlich gegen Ärztinnen und Ärzte vorgehen können, die sich daran beteiligen.
„Wohltätigter Zweck“
Anray indessen widerspricht: „Ein Arzt darf doch pro bono arbeiten, vor allem, wenn es um einen wohltätigen Zweck geht, wie die Eindämmung des Corona-Virus“, betont er. „Das macht `Ärzte ohne Grenzen´ doch auch!“ Und wenn das neue Angebot lediglich als Werbeaktion für www.au-schein.de“ wahrgenommen werde, „dann kann ich nichts dafür“, sagt Anray.
Seit vergangenem Jahr bietet Anray für sechs Krankheiten, unter anderem Regelschmerzen und Migräne, kostenpflichtige Online-Krankschreibungen an. „COVID-19-Risiko“ und „Erkältung/ Grippe“ sind nun kostenlos hinzugekommen.
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