Karpaltunnel-Operation: Minimalinvasiv oder offen
Revisionsrisiko nach Karpaltunnel-Operation hing nur wenig von der Technik ab
Nach operativer Behandlung des Karpaltunnelsyndroms ist das Revisionsrisiko insgesamt gering, mit einer nur geringfügig höheren Rate nach endoskopisch durchgeführtem Eingriff als nach offener Op. Das ist das Resultat der bislang größten Kohortenstudie zum Thema. Das Autorenteam rät, die Wahl der Technik nicht von der erwarteten Revisionsrate abhängig zu machen.
Von Dr. Elke Oberhofer
Frage: Wie häufig ist nach offen bzw. endoskopisch durchgeführter Karpaltunnel-Op. ein Revisionseingriff erforderlich?
Antwort: Bei insgesamt 134.851 operierten Handgelenken ging die endoskopische Technik signifikant häufiger mit einer Revision einher. Die Inzidenz war jedoch insgesamt niedrig, mit einer Differenz zwischen den beiden Gruppen von nur 0,72 Prozent nach zehn Jahren.
Bedeutung: Das Revisionsrisiko ist gering, egal ob man minimalinvasiv oder offen operiert.
Einschränkung: Kohortenstudie; Revisionsbefunde beruhen auf der Dokumentation der Operierenden.
Portland. Bei der Karpaltunnel-Release-Operation wird das Retinaculum flexorum unter Schonung des Mittelhandnerven und der dort verlaufenden Sehnen vollständig durchtrennt. Der Eingriff kann entweder offen oder endoskopisch durchgeführt werden; dabei ist unklar, welche Methode häufiger in einen Revisionseingriff mündet.
Ein Team der Oregon Health and Science University in Portland hat dies anhand einer Kohortenstudie mit 103.455 Beteiligten (89 Prozent männlich, medianes Alter 62 Jahre) untersucht. Die in JAMA Network Open publizierte Studie (JAMA Netw Open 2024; online 12. Januar) kommt zu folgendem Ergebnis: Nach einem Jahr lag die kumulative Revisionsrate bei insgesamt 0,34 Prozent, nach fünf Jahren bei 1,06 Prozent, nach zehn Jahren bei 1,59 Prozent und nach 15 Jahren bei 1,97 Prozent. Die ECTR (Endoscopic Carpal Tunnel Release) war im Vergleich zum offenen Eingriff (OCTR) zwar mit einem signifikant höheren Revisionsrisiko assoziiert, schreiben Peter Ferrin und sein Forschungsteam; die Unterschiede seien absolut gesehen jedoch gering gewesen. So wurden beispielsweise innerhalb von zehn Jahren 2,25 Prozent der ursprünglich minimalinvasiv und 1,54 Prozent der ursprünglich offen operierten Handgelenke revidiert. Die absolute Risikodifferenz lag bei nur 0,72 Prozent, was einer Number Needed to Harm von 139 entspricht.
Unterschied offenbar nicht klinisch relevant
„Ein Unterschied dieser Größenordnung dürfte klinisch nicht ins Gewicht fallen“, vermuten Ferrin und Kollegen. Bei der Interpretation der Ergebnisse müsse man bedenken, dass Operierende nach einer ECTR eher geneigt seien, einen Revisionseingriff zu empfehlen, weil sie Probleme wie eine inkomplette Spaltung des Retinakulums oder eine Nervenverletzung nach dem minimalinvasiven Eingriff eher für möglich hielten, insbesondere wenn beim Ersteingriff jemand anderes am Werk gewesen sei.
„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Unterschied im Revisionsrisiko wahrscheinlich kein gewichtiger Grund ist, die eine Release-Technik gegenüber der anderen zu bevorzugen“, so das Fazit der Forschungsgruppe.
Rezidive insgesamt häufiger als gedacht
Ferrin und sein Team bemerken allerdings, dass es nach primär erfolgreicher Operation offenbar häufiger zu Symptomrezidiven kommt als gedacht. In der Studie waren diese der häufigste Revisionsgrund (59 Prozent von insgesamt 1.809 revidierten Handgelenken), persistierende Symptome dagegen nur in 40 Prozent. Im Fall eines Rezidivs hatte es median gut vier Jahre gedauert, bis erneut operiert wurde, bei Symptompersistenz nur etwas mehr als ein Jahr.
Der häufigste Befund bei der Revision, zu sehen in jedem zweiten Fall, war die Bildung von Narbengewebe. Dabei war die ECTR häufiger mit einer Rekonstitution des Retinakulums assoziiert, ebenso mit einer unvollständigen Spaltung. Die offene Operation hatte dagegen häufiger zu einer Vernarbung des darüberliegenden Weichgewebes geführt. Dementsprechend mussten in dieser Gruppe häufiger eine Neurolyse oder eine Behandlung mit Lappenplastik durchgeführt werden.
Hinsichtlich der schwerwiegendsten Komplikation der Karpaltunnel-Operation, der intraoperativen Nervenschädigung, war retrospektiv kein Unterschied zwischen den beiden Op.-Techniken zu erkennen. Ferrin und Kollegen weisen jedoch darauf hin, dass die Studie nicht darauf ausgelegt war, iatrogene Schäden zu ermitteln.
Quelle: Ärzte Zeitung - Springer Medizin Verlag GmbH