JAHR 2020: DAS SIND WICHTIGE ÄNDERUNGEN BEI DER ABRECHNUNG
Das neue Jahr 2020 beschert Vertragsärzten viele neue Regeln bei der Abrechnung. Wir geben einen Überblick über frisch eingeführte EBM-Ziffern und andere Neuerungen.
Seit dem 1. Januar 2020 liegt der Orientierungswert bei 10,9871 Cent. Bis zum 31. Dezember waren es noch 10,8226 Cent. Das ist eine der Neuerungen, die die ärztliche Abrechnung im neuen Jahr betreffen. Ein Überblick:
Orientierungswert: 10,9871 Cent pro Punkt
Seit dem 1. Januar liegt der Orientierungswert – also der Wert pro Punkt, den es als Honorar für erbrachte Leistungen im EBM gibt – bei 10,9871 Cent. Bis zum 31. Dezember waren es noch 10,8226 Cent.
Die in den Honorarverhandlungen von der KBV erreichte Steigerung liegt damit bei 1,52 Prozent und damit etwa auf Höhe der Inflationsrate des vergangenen Jahres, die für das Gesamtjahr 2019 noch nicht bekannt gegeben worden ist. Die KVen können zwar regional Abweichungen vom Orientierungswert aushandeln, tun das aber in den seltensten Fällen.
Für Hausärzte bringt die Erhöhung des Orientierungswertes zum Beispiel bei der Chronikerpauschale nach Position 03220 (130 Punkte, 14,07 Euro) ein Honorarplus von 21 Cent auf 14,28 Euro. (ger)
Leichenschau deutlich höher bewertet
Eine der umstrittensten Regelungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) war bis Jahresende die Abrechnung der Leichenschau. Immer wieder war es zu Ermittlungen von Staatsanwälten gegen Ärzte gekommen, die aufgrund der dramatischen Unterbewertung dieser Leistung in der GOÄ versuchten, „kreativ“ abzurechnen und dabei teilweise in die Illegalität abrutschten.
Seit 1. Januar gelten nun die im September im Bundesrat verabschiedeten neuen Regeln für die Abrechnung der Leichenschau. Für die GOÄ-Nr. 100 (vorläufige Leichenschau) gibt es jetzt 1896 Punkte statt bisher 250 Punkte. Zum einfachen Satz sind das 110,51 Euro. Die Leistung kann allerdings, anders als bisher, nicht mehr gesteigert werden.
Für die Leichenschau mit eingehender Untersuchung (GOÄ-Nr. 101) kommt nunmehr zum einfachen Satz ein Honorar von 165,76 Euro zusammen. Bei erschwerenden Umständen kann zusätzlich die GOÄ-Nr. 102 (26,20 Euro zum einfachen Satz) abgerechnet werden. Wegegeld oder Reiseentschädigung sowie die Unzeit-Zuschläge F-H können Ärzte zusätzlich ansetzen.
Bei den Zeitvorgaben hatte es nach Anhörung der Verbände noch Nachbesserungen gegeben: Bei Unterschreiten der Grenzen von 20 (Nr. 100) und 40 Minuten (Nr. 101) ist eine Abrechnung der Leistungen zu 60 Prozent möglich. (ger)
Eigene GOP zur U-Untersuchung
Nach Beanstandung durch das Gesundheitsministerium hat der Bewertungsausschuss die Regeln für Pauschalen für Ärzte, die U-Untersuchungen vornehmen, geändert: Wenn am Behandlungstag ausschließlich eine U-Untersuchung erfolgt, können Ärzte seit 1. Januar die neu geschaffene Zusatzpauschale nach Position (GOP) 01710 abrechnen. Sie ist je nach Wartezeit auf den Termin mit 45 bis 114 Punkten bewertet.
Neu ist zudem, dass auch ermächtigte Ärzte und Krankenhäuser in den Genuss von Zuschlägen für TSS-Vermittlungsfälle kommen. Auch dies hatte das BMG aus Gründen fehlender Gleichbehandlung beanstandet. (ger)
Eigene GOP für verpasste Termine
Das Ärgernis, dass die Rate nicht wahrgenommener Termine bei TSS-Vermittlungsfällen eher hoch ist, hat nun zu einer Sonderregelung in Thüringen geführt: Seit dem 1. Januar können Vertragsärzte in der KVT drei Pseudoziffern abrechnen, damit die No-Show-Quote von TSS-Terminen von der KV erfasst werden kann.
Mit der Position (GOP) 99729 wird dokumentiert, dass ein Termin am selben Tag abgesagt wurde, mit der GOP 99730, dass ein Termin ohne Absage nicht eingehalten wurde, und mit der GOP 99730F werden Fälle gekennzeichnet, bei denen der nachfolgende Termin von einem unbekannten Patienten nicht eingehalten wurde. (eb)
Brustkrebs: EBM-Ziffer für Biomarkertest
Seit Jahresanfang übernehmen die Krankenkassen die Kosten für einen biomarker-basierten Bluttest bei Patientinnen mit einem primären Hormonrezeptor-positiven, HER2/ neu-negativen, nodalnegativen und nicht metastasierten Brustkrebs.
Weitere Voraussetzung ist es, dass die Empfehlung für oder gegen eine adjuvante systemische Chemotherapie beim primären Mammakarzinom aufgrund klinischer und pathologischer Kriterien allein nicht eindeutig getroffen werden kann.
Abgesehen von der EBM-Position 19501 für Pathologen, wird auch die Aufklärung der Patientinnen nach EBM vergütet – für Internisten und Frauenärzte nach den GOP 13507 und 08347). Die Aufklärung kann je fünf Minuten, insgesamt bis zu 25 Minuten, abgerechnet werden (65 Punkte / 7,14 Euro – je 5 Minuten). Dafür erhält der Arzt bis zu maximal 35,71 Euro (325 Punkte) im Krankheitsfall.
Zur Abrechnung müssen die Ärzte spezielle Qualifikationsvoraussetzungen erfüllen, etwa für Frauenärzte der Schwerpunkt gynäkologische Onkologie oder die Zusatzbezeichnung „Medikamentöse Tumortherapie“ oder die Genehmigung zur Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung. Internisten benötigen eine Weiterbildung Hämatologie und Onkologie oder die Genehmigung zur Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung oder die Zusatzbezeichnung „Medikamentöse Tumortherapie“.
Für die Aufklärung der Patientinnen ist das vom GBA veröffentlichte Merkblatt zum „Biomarkerbasierten Test beim frühen Brustkrebs“ vorgesehen. Dabei geht es um Antworten auf Fragen wie: Worum geht es bei der Entscheidung für oder gegen den Test? Wie wird das Rückfallrisiko ohne den Biomarkertest bestimmt? Welche Zusatzinformationen liefert der Biomarker-Test? Sorgt der Biomarker-Test für eine klare Empfehlung?
Der Test selbst wird über die GOP 19502 vergütet. die Testkosten mit 3296,50 Euro und ist in Euro bewertet. Dabei handelt es sich explizit um den Test „Oncotype DX Breast Recurrence Score®“, den der Gemeinsame Bundesausschuss in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen hat. Andere biomarkerbasierte Tests sind bislang keine vertragsärztliche Leistung. Sie können aber beispielsweise in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung angewendet werden.
Der Beschluss ist im Internet beim Bewertungsausschuss und auf der Website der KBV zu finden. (ger)
Liposuktion auf Kasse, Heilmittel ohne Prüfung
Bei der Therapie von Patientinnen mit Lipödem wird zu Jahresbeginn sowohl die Verordnung konservativer Therapie mit weniger Hürden versehen, als auch bei schweren Fällen eine Liposuktion auf Kassenleistung ermöglicht.
- Heilmittelverordnung: KBV und der GKV-Spitzenverband haben sich im Dezember geeinigt, das Lipödem Stadium I bis III (ICD-10-Schlüssel E88.20-E88.22) ab 2020, zunächst befristet bis Dezember 2025, als Erkrankung mit einem besonderen Verordnungsbedarf anzuerkennen und in die Diagnoseliste aufzunehmen. Die Kosten für die Verordnung manueller Lymphdrainagen werden damit bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht berücksichtigt.
2025 sollen erste Ergebnisse aus der Erprobungsstudie zur Liposuktion vorliegen, von der auch Erkenntnisse zum Nutzen der konservativen Behandlung – einschließlich manueller Lymphdrainage – erwartet werden.
Denn gleichzeitig ist zum 1. Januar auch die Liposuktion bei Lipödemen im Stadium III Kassenleistung geworden – wenn zuvor konservative Therapien nicht zu einer Linderung geführt haben.
Basis für diese Entscheidung des Bewertungsausschusses war ein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses im September 2019. In den EBM-Kapiteln 31 (ambulante Op) und 36 (Belegärzte) sind jetzt Leistungspositionen (EBM-Nrn. 31096/36096 ff.) für die Liposuktion festgelegt worden (wir berichteten online). Ambulante Operateure erhalten gut 750 Euro für die Leistung, auch die Lokalanästhesie kann berechnet werden. (ger)