Homeoffice für Ärzte
Rechtliche Chancen und Risiken
Wiesbaden. Mal einen Tag nicht in die Praxis fahren zu müssen, um Patienten zu behandeln, klingt für den ein oder anderen Arzt bestimmt verlockend. Doch Arbeiten im Homeoffice ist unter Niedergelassenen noch nicht allzu weit verbreitet. Was rechtlich in dem Bereich überhaupt möglich ist, darüber sprach der Fachanwalt für Medizinrecht von der Wiesbadener Kanzlei Broglie und Schade, Dr. Florian Hölzel, am Montag auf dem DGIM-Kongress.
Zunächst einmal: „Arbeiten im Homeoffice war schon immer möglich“, betonte der Jurist und warf einen Blick in die Vergangenheit: Arztbriefe habe man durchaus aus dem heimischen Arbeitszimmer verfassen können. Strenger wurden die Regeln, wenn es um abrechenbare Leistungen geht. Dafür galt das Leistungsortprinzip.
Diese Tätigkeiten durften Ärztinnen und Ärzte also ausschließlich an genehmigten Leistungsorten wie dem Praxissitz oder der Zweigpraxis durchführen. Der Praxis wird deshalb eine so hohe Bedeutung zugemessen, weil es Standards an Qualität und Sicherheit gibt, die erfüllt werden müssen.
Gegenbeispiel Arztbrief
Er führte aber direkt ein faktisches Gegenbeispiel ins Feld: Für einen Arztbrief gibt es ja ebenfalls eine Abrechnungsziffer im EBM (GOP 01601). Eine Ungereimtheit, die laut Hölzel aber niemanden gekümmert hat.
Als wegweisend stufte der Medizinrechtler eine Entscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2018 ein: Demnach spiele es für die Versicherten keine Rolle, wo sich die Ärztinnen und Ärzte befinden. „Die Rechtssprechung hielt das Thema für äußerst relevant und sah den Bedarf, neue Lösungen zu finden.“
Für einen endgültigen Durchbruch sorgte das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (DigiG) aus dem vergangenen Jahr. Dabei wurde auch Paragraf 24 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) um einen achten Absatz erweitert. Seit 1. April dieses Jahres dürfen Ärzte und Psychotherapeuten mehr bekannte Patienten ausschließlich per Video versorgen.
Neue Mengenbegrenzungen
Möglich sind jetzt bis zu 50 Prozent statt maximal 30 Prozent aller Behandlungsfälle. Als „bekannt“ gilt in diesem Zusammenhang, wer in mindestens einem der drei Vorquartale einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt hatte.
Bei unbekannten Patienten bleibt es bei den 30 Prozent. Allerdings bezieht sich die Obergrenze nicht mehr auf alle Behandlungsfälle, sondern nur auf die Behandlungsfälle mit unbekannten Patienten.
Technische Ausstattung ist geregelt
Hölzel betonte, dass die Obergrenze für die Behandlungsfälle nicht mehr personenbezogen je Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut angewendet wird, sondern je Praxis (Betriebsstättennummer). Somit könnten einzelne Ärzte oder Psychotherapeuten die Obergrenzen überschreiten – und beispielsweise ausschließlich aus dem Homeoffice heraus arbeiten. Entscheidend sei, dass die gesamte Praxis nicht mehr Videokontakte abrechnet als vorgegeben ist.
Am Ende verwies der Jurist auf Anlage 31b zum Bundesmantelvertrag für Ärzte. Darin sind die technischen Sicherheitsstandards geregelt, die Ärztinnen und Ärzte für Videosprechstunden erfüllen müssen. „Eine Videosprechstunde aus einem Eiscafé in Florenz ist also nicht möglich“, sagte er. (kaha).
Quelle: Ärzte Zeitung - Springer Medizin Verlag GmbH