HILFSFORMELN FÜR DEN UMGANG MIT SCHWIERIGEN PATIENTEN
Praxisberaterin Iris Schluckebier empfiehlt Medizinischen Fachangestellten, bei fordernden und aggressiven Patienten auf Deeskalation zu setzen. Helfen kann eine patientenzentrierte Gesprächsführung.
Marburg. Sie sind fordernd, ungeduldig oder sogar aggressiv: Schwierige Patienten erschweren dem Praxispersonal regelmäßig die Arbeit. Wie sich mit ihnen richtig umgehen lässt, erläuterte die Praxisberaterin Iris Schluckebier beim Tag der Allgemeinmedizin der Universität Marburg.
Schluckebier weiß, wovon sie spricht: Sie war selbst 28 Jahre lang als Medizinische Fachangestellte (MFA) in einer Arztpraxis tätig. Zu Beginn ihres Vortrags stellte sie klar: „Es gibt auch Momente, wo man tatsächlich mal sagen muss, bis hierhin und nicht weiter.“ MFA seien durchaus in der Lage, freundlich aber bestimmt Nein zu sagen.
Schwierige Patienten erkennt man vor allem daran, dass sie sich dem Praxis-Ablauf nicht anpassen und die Autorität der MFA nicht akzeptieren. Die Gründe für ein derartiges Verhalten seien vielfältig: Sie könnten unter Schmerzen und Ängsten leiden oder hätten bei anderen Ärzten schlechte Erfahrungen gemacht.
„Vielleicht ist es auch jemand, der sonst wenig zu sagen hat und im Alltag und auf der Arbeit buckeln muss“, so die Praxisberaterin.
Ein gutes Team kann schwierige Patienten besser abfangen
Die Praxisangestellten sollten sich immer klar machen, dass solche Patienten einen niemals persönlich angreifen wollten. Tritt ein Praxisbesucher unangemessen fordernd oder aggressiv auf, weil er nicht sofort dran kommt oder sein Wunschtermin nicht frei ist, empfiehlt Schluckebier, die Situation zu entschärfen – sonst werde der Empfang zur Kampfarena.
Erfolg erziele man besonders mit Offenheit, wertfreier Analyse der Situation und Verständnis für das Gegenüber. Dazu gehöre es beispielsweise, den anderen ausreden zu lassen. Aus ihrer Sicht kann ein gutes Team schwierige Patienten besser abfangen. Dafür müssten jedoch Verantwortlichkeiten geklärt seien. „Es kann durchaus sein, dass nicht alle bei allen Themen über die notwendigen Kompetenzen verfügen.“
Hilfsformeln für den Praxisalltag
Damit Gespräche nicht aus dem Ruder liefen, könnten sich die Mitarbeiter am Empfang an speziellen Hilfsformeln orientieren: Die Sprache sollte kurz, deutlich und freundlich sein. Ideal sei es auch immer, die Patienten in die Entscheidung einzubeziehen.
So könnten die Mitarbeiter zum Beispiel fragen: „Möchten Sie den Termin verschieben?“. Sie empfiehlt lösungsorientierte W-Fragen wie: „Was erwarten sie von mir? Wie lösen wir das Problem?“. Generell wirke sich eine patientenzentrierte Gesprächsführung, bei der die MFA Empathie für die Probleme der Betroffenen sowie Flexibilität und Freundlichkeit zeigten, deeskalierend aus. Ihr Tipp: Regelmäßiges Training hilft, im Umgang mit schwierigen Patienten zu bestehen.
Gespräche detailliert dokumentieren
Dennoch kommt es aber immer wieder vor, dass sich Patienten bei der Landesärztekammer beschweren oder zumindest damit drohen. Erfolgreich seien diese Beschwerden nur in den seltensten Fällen, weiß Schluckebier.
Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten die betroffenen MFA die Gespräche detailliert dokumentieren. Grundsätzlich seien Beschwerden aber etwas Gutes: „Wir wollen doch, dass sich die Patienten direkt bei uns beschweren. Dann können wir gemeinsam nach einer Lösung suchen.“
Als absolutes No-Go nannte sie explizit Handgreiflichkeiten, eine Wortwahl unter der Gürtellinie und sexuelle Übergriffe. Dies seien Gründe, den jeweiligen Patienten sofort aus der Praxis zu werfen, betont Iris Schluckebier. Hier gelte es vor allem, die Auszubildenden zu schützen.