DIGITAL-VERBAND SCHLÄGT AUFNAHME EINES NEUEN LEISTUNGSERBRINGERS INS SGB V VOR
Telemedizinische Versorgungszentren als neuer Akteur im SGB V? Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung hält das für zeitgemäß und rechtlich unkompliziert umsetzbar.
Berlin. Die ärztliche Versorgungslandschaft ist derzeit vor allem eines: analog ausgerichtet, auf den persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient. Geht es nach dem Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung (SVDGV) ist das nicht mehr zeitgemäß.
Der Verband schlägt in einem am Dienstag veröffentlichten Positionspapier vor, in der Bundesrepublik alsbald ein so bezeichnetes „Telemedizinisches Versorgungszentrum“ (TMVZ) als neuen Leistungserbringer im Sozialgesetzbuch V zu verankern. Analog zu Medizinischen Versorgungszentren sollte, so der Vorschlag des SVDGV, auch ein TMVZ eine ärztlich geleitete Einrichtung sein, in der mehrere Ärztinnen und Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind.
Dabei sollte ein TMVZ ausschließlich Ärztinnen und Ärzte solcher Fachgebiete anstellen, die fachspezifisch telemedizinische Versorgung erbringen können. So soll mehr Patienten der Zugang zur telemedizinischen Versorgung gewährt werden, als bisher.
Chance, Versorgungslücken zu überbrücken?
Das vorgeschlagene Modell könnte gerade in Zeiten von Fachkräftemangel eine Option sein, Versorgungslücken zu überbrücken. So könne das TMVZ „auch eine Triagefunktion erfüllen, um Patientinnen und Patienten zielgerichtet telemedizinisch zu beraten und zu behandeln“, schreibt der SVDGV in seinem Positionspapier.
Sofern es medizinisch notwendig ist, könnten diese dann niederschwellig zu einer ambulanten bzw. stationären Behandlung weitergeleitet werden. „Das TMVZ entlastet damit die Ärzteschaft vor Ort, die weiterhin für physische (nicht telemedizinisch erbringbare) Leistungen essenziell bleibt.“ Gleichzeitig würden TMVZ veränderten Arbeits- und Lebensmodellen Rechnungen tragen.
Die neue Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag formuliert, die Potenziale der Digitalisierung nutzen zu wollen, um die Versorgungsqualität in Deutschland zu verbessern. „Eine mögliche Verankerung im SGB V könnte in einem neu zu regelnden Paragrafen erarbeitet werden“, schlägt der SVDGV zur Umsetzung des Ampel-Vorhabens vor.
„Die Zulassung eines TMVZ könnte dabei das Ziel der Qualitätssicherung und einer leitliniengerechten Versorgung unterstützen. Eine mögliche Zulassung könnte über einen eigenen Zulassungsausschuss oder Zulassungsausschüsse mit Spezialzuständigkeiten erfolgen.“
Bundesweiter Planungsbereich
Eine Besonderheit ergebe sich bei den Planungsbereichen: Für TMVZ könnte das gesamte Bundesgebiet als einheitlicher Planungsbereich fungieren, so der SVDGV. „Dies ist sinnvoll, da medizinische Leistungen im TMVZ ortsunabhängig durchgeführt werden können.
So wird es möglich, dass auch Patientinnen und Patienten in unterversorgten Gebieten den gleichen Zugang zu medizinischen Leistungen erhalten, wie in urbanen Regionen üblich.“ Dies stärke die Wahlfreiheit der Patientinnen und Patienten. Zudem könne eine „Versorgungsungleichheit“ zwischen Stadt und Land „entschärft“ werden.
Nach Einschätzung des SVDGV ließen sich TMVZ „rechtlich unkompliziert und damit auch zeitnah in die bestehende Systematik des deutschen Gesundheitssystems integrieren“. Von der Bundesregierung fordert der Verband daher, sich der Digitalisierung und der Telemedizin anzunehmen, um ein weiterhin leistungsfähiges Gesundheitswesen sicherzustellen.
Wichtig sei dabei auch, die Abrechnungsmodalitäten für Videosprechstunden zu vereinfachen und mit denen von Behandlungen vor Ort gleichzusetzen. „So kann ein TMVZ einen wichtigen Baustein in einer leistungsfähigen, digital unterstützen Versorgungslandschaft bilden“, heißt es im Positionspapier des SVDGV.