DIGITAL HEALTH: PERSÖNLICHER ARZTKONTAKT FÜR PATIENTEN UNERLÄSSLICH
Trotz aller Hohelieder, die auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens gesungen werden: Die Deutschen geben sich konservativ, wenn es um das Patientengespräch geht.
DÜSSELDORF. Bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens soll Deutschland nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf einen Spitzenplatz kommen, wie er bei der Eröffnung des diesjährigen Hauptstadtkongresses sagte.
Die digitale Gesundheitsversorgung spielt auch eine zentrale Rolle in Deutschlands Strategie zur Künstlichen Intelligenz (KI), wie aus den im Juli im Kabinett verabschiedeten Eckpunkten hervorgeht. Doch: Wollen die Menschen in Deutschland die digitale Sprechstunde – womöglich noch mit einem Roboter anstatt eines Arztes?
Grundsätzlich befürworten sechs von zehn Erwachsenen in Deutschland den Einsatz neuer Technologien im Gesundheitswesen. Das geht aus der repräsentativen Befragung "Future Health" der Strategieberatung PwC hervor.
69 Prozent stimmen der Aussage zu, durch digitale Technologien könnten Krankheiten besser diagnostiziert werden. 68 Prozent bejahen die Aussage, mittels dieser Technologien könnten Krankheiten besser behandelt werden. Allerdings sind auch 77 Prozent der Meinung, die Datensicherheit werde durch die Digitalisierung zunehmend gefährdet.
Videosprechstunde befürwortet
Trotz der bekundeten Begeisterung für digitale Versorgungslösungen bleibt für die meisten der persönliche Arztkontakt sakrosankt. So stimmen 94 Prozent der Aussage zu, bei schweren Erkrankungen sei ein persönlicher Kontakt zwischen Arzt und Patient unerlässlich. 56 Prozent postulieren sogar, auch bei leichten Erkrankungen wie einer Erkältung bedürfe es immer einer persönlichen Diagnose und Beratung.
86 Prozent der Erwachsenenbevölkerung ergänzen, ihnen sei es wichtig, dass ihr Arzt sich ein persönliches Bild von ihnen mache und sich nicht nur auf Schilderungen und Äußerlichkeiten verlasse. Über alle Altersgruppen hinweg ist mit 52 Prozent etwas mehr als jedem zweiten Patienten der direkte menschliche Kontakt mit Ärzten in der Sprechstunde sehr wichtig.
Am geringsten fällt dieses Kontaktbedürfnis mit 41 Prozent in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen aus, am ausgeprägtesten ist es bei den Älteren über 60 Jahre (60 Prozent). 74 Prozent finden es gut, dass Ärzte in Teilen Deutschlands schon in der Lage sind, medizinische Angelegenheiten auch über eine räumliche Distanz hinweg zu klären. Das sollte ausgebaut werden, meinen sie.
Auswirkungen des Ärztetags
Der 121. Deutsche Ärztetag in Erfurt hatte im Mai dieses Jahres das ausschließliche Fernbehandlungsverbot gekippt. Zwar wurden die Studienteilnehmer nicht befragt, ob sie das Angebot einer Videosprechstunde in Anspruch nehmen würden.
Es liegt aber nahe, dass die 61 Prozent, die der Aussage zustimmten, eine Lockerung des Fernbehandlungsverbotes würde ihnen lange Fahrtwege zu Arztpraxen ersparen, dies zumindest schon einmal ins Kalkül gezogen haben. 45 Prozent der Erwachsenen in Deutschland gehen zudem davon aus, dass Patientengespräche in zehn Jahren ausschließlich über Kommunikationsmedien geführt werden.
Zu ihrer Einschätzung des Chance-Risiko-Profils beim Einsatz von Robotern im Patientengespräch befragt, sind 71 Prozent der Ansicht, die digitalen Lösungen entlasten die Arztpraxen und sorgen für Zeitersparnis. 54 Prozent gehen davon aus, dass der Robotereinsatz im Patientengespräch zu einer Reduzierung der menschlichen Fehler führen würde, 32 Prozent versprechen sich genauere Diagnosen.
Nur wenige Digitalmuffel übrig
Die Kehrseite der Medaille: Kollege Roboter birgt für 85 Prozent der Patienten die Gefahr technischer Fehler und für 80 Prozent sogar die Gefahr falscher Diagnosen. 76 Prozent sehen die Gefahr eines Missbrauchs ihrer persönlichen Gesundheitsdaten.
Zu verschiedenen Einsatzmöglichkeiten neuer digitaler Technologien im Gesundheitswesen befragt, halten acht Prozent den aktuellen Stand für angemessen, wünschen sie sich keine weitere Digitalisierung bei der Arzt-Patienten-Kommunikation, der Diagnostik, der Forschung und Entwicklung, der Früherkennung oder der Terminkoordination.