Das Supinationstrauma des Fußes - Up to Date
Zusammenfassung
Einleitung
Sprunggelenkverletzungen sind meist ligamentär und lateral lokalisiert. Diese nach wie vor häufigste Sportverletzung wird oft bagatellisiert. Im Gegensatz dazu besteht aber bei einer relevanten Erstverletzung eine bis zu 50% betragende Wahrscheinlichkeit, ein chronisches Problem zu entwickeln. Die diagnostischen Begriffe „funktionelle, mechanische, chronische und Mikroinstabilität“ und deren therapeutische Konsequenzen sind Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Diskussionen.
Hauptteil
Kapselbandverletzungen am lateralen Sprunggelenk haben Folgen sowohl für die passive, als auch für die aktive Stabilisation. Bei nicht optimalem Therapie- und Rehabilitationsergebnis ist auf der passiven Seite eine Elongation des Kapselbandsystems und auf der aktiven Seite ein sensomotorisches Defizit zu befürchten. In der Folge kann sich eine chronische mechanische Instabilität entwickeln.
Die Anamnese (supinatorisches Umknickereignis) begründet den Verdacht auf eine frische oder chronische Kapselbandverletzung am lateralen Sprunggelenk. Im Zentrum der Diagnostik steht nach wie vor die klinische Untersuchung. Im Zusammenhang mit der Anamnese kann sie eine weiterführende Röntgenanalyse indizieren zum Frakturausschluss. Die Prüfung der mechanischen Stabilität erfolgt manuell und kann in chronischen Fällen apparativ quantifiziert werden (gehaltene Röntgenaufnahmen, Arthrometer). Die MRT Analyse kann zur Diagnostik von Begleitverletzungen indiziert sein. In chronischen Fällen kann das Ausmaß der funktionellen, posturalen Beeinträchtigung mittels validierter Fragebögen oder durch Balance Test erfasst werden.
Ergebnisse
Die Indikation für eine spezifische Behandlungsform ergibt sich aus allgemeinen Therapieprinzipien, die auf den Einzelfall jeweils individuell abgestimmt werden müssen. Die Behandlung akuter und chronischer ligamentärer lateraler Sprunggelenkverletzungen erfolgt zunächst konservativ. Dabei spielt die funktionelle, orthetische Sicherung eine wesentliche Rolle (z.B. mit der MALLEODYN S3, SPORLASTIC GmbH, Nürtingen). Ergänzend soll sensomotorisches Training die aktive Stabilisation optimieren. Bei nicht ausreichendem Ansprechen auf die konservative Behandlung, kann eine operative Maßnahme die gegebenenfalls zugrundeliegende mechanische Instabilität adressieren.
Diskussion
Nach wie vor stellt die Behandlung von Kapselbandverletzungen am lateralen Sprunggelenk eine diagnostische und therapeutische Herausforderung dar. Konservative und operative therapeutische Interventionen sind dabei auf den Einzelfall spezifisch abzustimmen. Endoskopische Stabilisationsverfahren und Augmentationen anatomischer Rekonstruktionen mit „Suture tape“ werden derzeit entwickelt.
Schlüsselwörter
Sprunggelenk, Kapselbandverletzungen, Instabilität, Umknicken.
Einleitung
Umknickereignisse am Sprunggelenk betreffen häufig nicht nur das laterale Kapselbandsystem. Die „Frakturlinie der Supination“ läuft vom Außenknöchel über das obere und untere Sprunggelenk zum Calcaneocuboidalgelenk und weiter bis zum Metatarsale V (1). Alle diese knöchernen, aber auch die Kapselbandstrukturen der beteiligten Gelenke können bei einem Umknickereignis verletzt werden (2), (3). Daneben können auch relevante intraartikuläre Schäden (Knorpelschäden, osteochondrale Läsionen) und mediale Kapselbandläsionen entstehen.
Das Ziel dieses Beitrages ist es, den aktuellen Stand der Wissenschaft zum Thema, begrenzt auf „Kapselbandverletzungen am lateralen oberen Sprunggelenk“ wiederzugeben, welches in der überwiegenden Zahl der Fälle betroffen ist.
Terminologie
Zahlreiche Begriffe verwirren den Leser wissenschaftlicher Publikationen (Tabelle 1). Zunächst ist es notwendig, akute Verletzungen und chronische Schädigungen zu differenzieren. Erstverletzungen können Zerrungen, Partialrupturen verschiedener Größenordnung (mikroskopisch bis makroskopisch) und vollständige Rupturen der Kapselbandstrukturen am Sprunggelenk sein. Alternativ kann eine entsprechende Graduierung (Grad I, II und III) vorgenommen werden. Chronische Überlastungssyndrome liegen dann vor, wenn sich die Symptomatik (Umknicken, Angst vor dem Umknicken, Unsicherheitsgefühl, Schmerz, Schwellung, Leistungsminderung) im Anschluss an eine Erstverletzung entwickelt. In diesem Fall spricht man von einer chronischen Instabilität (4), (5).
Wenn ein nicht vorgeschädigtes Sprunggelenk erstmalig umknickt, sprechen wir von einer Erstverletzung. Wenn eine Erstverletzung folgenlos ausgeheilt war (Coper), und es kommt (zum Beispiel durch ein adäquates Trauma) zu einem erneuten Umknicktrauma, so spricht man von einer Rezidivverletzung. Wenn die Erstverletzung einen Vorschaden und daraus resultierende Probleme hinterlässt, kann der Begriff chronische Instabilität als Überbegriff verwendet werden. Eine Laxität entspricht einer physiologischen Überbeweglichkeit eines Sprunggelenkes, während eine durch die Traumatisierung bedingte Überbeweglichkeit als mechanische Instabilität diagnostiziert wird. Von einer funktionellen Instabilität sprechen wir, wenn ein allgemeines Unsicherheitsgefühl zu einer Verminderung oder Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit eines Sprunggelenkes führt. Die Basis dafür muss nicht zwangsläufig eine mechanische Instabilität sein. Auch sensomotorische Defizite können diese Pathologie induzieren. Eine Second stage Ruptur liegt dann vor, wenn nach einer nicht vollständigen Ausheilung eines Vorschadens ein erneutes relevantes Umknickereignis auftritt.
Deutsch | Englisch | |
„Verstauchung, verdrehen, verrenken, verknacksen, überknöcheln“ (Duden) beschreibt den Verletzungsmechanismus (und nicht die Folgen der Verletzung) sehr unscharf. Im medizinischen Zusammenhang sollte dieser Begriff möglichst vermieden werden | Distorsion | Distorsion |
Umknickereignis des Fußes, wobei „Supination“ die Bewegung des gesamten Fußes angibt, während „Inversion“ sich lediglich auf das Verhalten des Rückfußes bezieht | Supinationstrauma | Inversion injury, lateral ankle sprain |
Erstmaliges Umknickereignis | Erstverletzung | Initial/acute sprain |
Umknickereignis nach Vorschaden | Wiederholtes Umknicken/Rezidivverletzung | Recurrent sprain |
Persistierende Symptomatik im Anschluss an ein Umknickereignis | Chronische Sprunggelenkinstabilität | Chronic ankle instability |
Physiologisch vermehrte Beweglichkeit | Laxität | Laxity |
Pathologisch vermehrte Beweglichkeit | Mechanische Instabilität | Mechanical instability |
Mit bisherigen klinischen und bildgebenden Verfahren nicht nachweisbare, minimale mechanische Instabilität. Diagnostik per Arthroskopie | Mikroinstabilität | Micro-instability |
Bewegungsunsicherheit | Funktionelle Instabilität | Functional instability |
Kapselbandriss nach ausgeheilter Vorverletzung | Second stage Ruptur | |
Symptomfrei nach einer lateralen Kapselbandverletzung | Coper | |
Einteilung des Schweregrades der Verletzung (I = Zerrung; II = Teilriss; III = Riss) | Grad I-III | Grade I-III |
Tab. 1: Terminologie zu Bandverletzungen am Sprunggelenk.
Epidemiologie
Der Kapselbandapparat am lateralen Sprunggelenk ist die am häufigsten verletzte Struktur des Stütz- und Bewegungsapparates allgemein und insbesondere bei sportlich aktiven Menschen (6). Vor allem bei Hallen- und Ballsportarten trifft nahezu jede zweite Verletzung das Außenbandsystem des Sprunggelenkes (7). In diesen Risikosportarten kommt es pro 1000 Trainings- oder Wettkampfexpositionen zu etwa 7 Kapselbandverletzungen am lateralen oberen Sprunggelenk (8).
Meist werden die Sprunggelenkverletzungen nach einem Umknickereignis als Bagatellverletzungen angesehen, und so ist es nicht verwunderlich, dass etwa 50 % der Verletzten bereits am Tag nach der Verletzung wieder aktiv am Sport teilnehmen, während nur 5 % der Patienten eine sportliche Auszeit von mehr als 10 Tagen benötigen (9).
Das Risiko für den Patienten, sich nach einer Bandverletzung am Sprunggelenk einen bleibenden Schaden zuzuziehen, ist nach einer erstmaligen Verletzung erhöht. In diesem Zusammenhang spricht man von einer chronischen Instabilität. Diese zeichnet sich durch eine mechanische oder sensomotorische Insuffizienz aus, die sich im Anschluss an eine Sprunggelenkverletzung entwickelt (10). Diese langwierige Problematik tritt bei 32–74% der Patienten in der Folge einer erstmaligen Sprunggelenkverletzung auf und insbesondere dann, wenn es sich um Grad II und III Verletzungen handelt (6).
Risikofaktoren
Nach einer Verletzung der Außenbandstrukturen am Sprunggelenk ist das Risiko für die Wiederverletzung erheblich erhöht und etwa jeder zweite Patient erleidet innerhalb eines Jahres ein erneutes Umknicktrauma (6).
Hallensportarten, Ballsportarten und Sportarten mit intensiver Seitwärtsbelastung haben eine höhere Inzidenz für Umknickereignisse am Fuß und Sprunggelenk. Daneben ist eine geschlechtsspezifische (Frauen doppelt so häufig) und altersabhängige (unter 18 Jahren) Risikobelastung beschrieben (6).
Diagnose und Differentialdiagnose
Die Anamnese ist von entscheidender Bedeutung für die gezielte Befunderhebung und Diagnostik sowie für den Einsatz bildgebender Verfahren. Das typische Supinationstrauma kann kontaktinduziert (z. B. Landung auf dem Fuß eines Mitspielers oder Gegenspielers) auftreten oder als nicht kontaktinduziert im Rahmen einer Seitwärtsbewegung oder bei Richtungswechseln. Bei Störungen im neuromuskulär-koordinativen Ablauf ist eine effektive Kontrolle der hohen Bewegungsgeschwindigkeiten nicht mehr möglich (11).
Wenn ein Patient ein akutes Rissereignis fühlt, ist eine Grad II oder III Verletzung der lateralen Kapselbandstrukturen Sprunggelenk wahrscheinlich. In diesen Fällen berichtet der Patient von einer Spannung, die sich dann abrupt und verbunden mit einem akuten, schmerzhaften Rissgefühl auflöst, wenn der Fuß über den Außenrand umknickt. Im Anschluss daran ist eine Belastung des verletzten Fußes zumindest kurzfristig nicht möglich bzw. intensiv schmerzhaft. Entsprechend kommt es zu einer Einschränkung der Beweglichkeit vor allem für die Dorsalextension und zu einer Schwellung im Verletzungsbereich am lateralen (oberen) Sprunggelenk. Für eine frische Bandruptur (Grad III) ist die Entwicklung einer Hämatomverfärbung nahezu eine Kondition sine qua non.
Für die konkrete Abgrenzung zur chronischen Instabilität ist die Frage entscheidend, ob bereits Vorverletzungen im lateralen Sprunggelenkbereich stattgefunden haben, oder ob es sich um eine Erstverletzung handelt.
Bei einer chronischen Instabilität, zeigt das „Giving-way“ eine geringere Ausprägung. Es wird eine leichte Instabilisierung/Nachgeben des Sprunggelenkes wahrgenommen. Eine massive Schwellung oder/und Hämatomverfärbung ist nicht zu erwarten. Die chronische Instabilität kann sich aber auch durch belastungsabhängige Schmerzen und funktionelle Einschränkungen wie Bewegungsminderung sowie eine chronifizierte gering- bis mittelgradige Schwellung über dem oberen Sprunggelenk zu erkennen geben (12).
Untersuchungsmethoden
Bei der Untersuchung muss zunächst eine relevante knöcherne Verletzung ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang sind die „Ottawa ankle rules“ von wesentlicher Bedeutung. Zumindest wenn eine Druckdolenz über der posterioren Facette des Innenknöchels oder Außenknöchels, am 5. Mittelfußknochen oder dem Os naviculare pedis vorliegt und ein Belastungsschmerz besteht, muss eine weitere röntgenologische Abklärung zum Ausschluss einer Fraktur erfolgen (13). Darüber hinaus sollte der anteromediale und der anterolaterale Talus, die vordere Syndesmose und der Verlauf der medialen und lateralen Ligamente palpiert werden. Sollte hier eine umschriebene Druckdolenz verifiziert werden, ist der Verdacht auf eine Bandverletzung gegeben.
Die funktionelle Stabilitätsprüfung des frisch verletzten Sprunggelenkes ist 4-5 Tage nach der Verletzung am Sensitivsten (10). Nach wie vor ist die klinisch-manuelle Stresstestung (Talusvorschub und Taluskippung) der Standard zur Stabilitätsdiagnostik, d.h. zur Abgrenzung instabiler (Grad III) Läsionen. Auch in der weitergehenden Diagnostik der chronischen Instabilitäten soll die manuelle Stabilitätsdiagnostik durchgeführt werden, wobei beim Vorliegen einer Grad III Schädigung eine chronisch mechanische Instabilität diagnostiziert wird. Diese ist vor allem für die Indikation zu einer operativen Intervention wichtig. Während die röntgenologische Stressuntersuchung (gehaltene Aufnahmen) in der Diagnostik der akuten Bandverletzung keine Rolle mehr spielen soll, ist ihr Wert zur Diagnostik der mechanischen Instabilität umstritten (14), (15). Eine strahlenfreie und valide Quantifizierung der mechanischen Instabilität des oberen Sprunggelenkes kann auch mit bestimmten Arthrometern erfolgen (5). Wenn die mechanische Stabilitätsprüfung beim chronisch instabilen Sprunggelenk keine relevanten Auffälligkeiten ergibt, handelt es sich um eine funktionelle Instabilität (Abbildung 1). Die Ausprägung (Schweregrad) einer funktionellen Instabilität lässt sich beispielsweise mit dem FAAM-G Fragebogen valide erfassen (16). Die Frage, ob eine chronische Sprunggelenkinstabilität vorliegt, sollte mithilfe der Kriterien des „International Ankle Consortium“ beantwortet werden (17). Dabei muss zumindest eine relevante laterale Kapselbandverletzung am Sprunggelenk in der Vorgeschichte vorliegen. Zusätzlich werden Instabilitätsereignisse im Sinn des „Giving-way“ (unkontrolliertes Umknicken ohne konkrete Verletzung) gefordert und/oder mehr als zwei relevante Umknickereignisse und/oder eine subjektiv empfundene Instabilität des Sprunggelenkes im Alltag und beim Sport.
Therapie
Die Frage der optimalen Therapie einer Kapselbandverletzung am Sprunggelenk ist nach wie vor Gegenstand kontroverser Debatten (18). In aller Regel wird derzeit eine akute Bandverletzung für etwa 6 Wochen mit einer funktionellen Stabilisierung durch eine Sprunggelenkorthese behandelt (z.B. mit der MALLEODYN S3, SPORLASTIC GmbH, Nürtingen). Dabei kann in der initialen Phase eine Immobilisation für einige Tage (< 7) sinnvoll sein. Parallel dazu wird sensomotorisches Training empfohlen. Eine Kombination aus Kühlung und funktionellem Training scheint zudem einen positiven Effekt auf Schmerz, Funktion und Schwellung zu haben (12).
Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren empfehlen wir aufgrund biomechanische Untersuchungen die frühzeitige Belastung des bandverletzten Sprunggelenkes, sobald Schmerz und Schwellung dies zulassen (19).
Die Rolle der Nachtversorgung hingegen scheint bisher nicht ausreichend gewürdigt. Wenn das Sprunggelenk nicht ausreichend gesichert ist, können unwillkürliche und damit unkontrollierte Bewegungen die Kapselbandheilung ungünstig beeinflussen. Deshalb scheint eine stabile externe Versorgung auch für die Nacht zumindest für 4-6 Wochen erforderlich (20).
Ein sensomotorisches Training und äußere Stabilisierungshilfen (zum Beispiel Orthesen oder Tape) dienen auch der initialen konservativen Behandlung bei chronischer Sprunggelenkinstabilität. Wenn diese Maßnahmen jedoch nicht zu einem für den Patienten akzeptablen Ergebnis führen und wenn dann eine mechanische Instabilität nachgewiesen ist, ist eine operative Stabilisierung zu empfehlen (6). Auch für frische erstmalige Verletzungen beim Leistungssportler kann eine operative Intervention erwogen werden, weil dadurch ein höherer Grad an mechanischer Stabilisierung erwartet werden kann (12).
Während die frische Ruptur des Kapselbandsystems durch End zu Endnaht versorgt werden kann, muss bei einer chronischen mechanischen Instabilität eine anatomische Rekonstruktion durchgeführt werden. Als bevorzugte Technik haben sich dabei der Broström repair und seine Modifikationen durchgesetzt, die lokales Narbengewebe verkürzen und reinserieren (21). Mittlerweile sind auch arthroskopische Verfahren dafür entwickelt worden und auch Patienten mit „Mikroinstabilität“ werden jetzt arthroskopisch versorgt (22).
In jüngster Zeit werden neue operative Verfahren mit „Suture tape“ Augmentation entwickelt, um die initiale postoperative Phase der verminderten Belastungsresistenz der rekonstruierten Bandstrukturen besser abzusichern, und um damit eine optimale und schnelle Ausheilung zu erzielen, die besonders beim Sportler wichtig ist (Tabelle 2) (23).
| Konservativ | Arthroskopische Operation | Offen operativ |
Frische Erstverletzung Grad I Grad II Grad III |
Bandage, Orthese Orthese, Bandage Orthese |
Leistungssport |
Leistungssport |
Chronisch mechanische Instabilität | Orthese, Tape, Bandage | Broström | Broström, ggf. Augmentation |
Chronisch funktionelle Instabilität | Sensomotorisches Training, Tape, Bandagen | Ggf. bei Mikroinstabilität |
|
Tab. 2: Übersicht zur Differenzialindikation der Therapie bei Kapselbandverletzungen am lateralen Sprunggelenk.
Prävention
Der Nutzen von äußeren Stabilisierungshilfen (z. B. Sprunggelenkorthesen, Tape) und sensomotorischem Training für die Prävention lateraler Kapselbandverletzungen am Sprunggelenk ist durch ein aktuelles systematisches Review mit Metaanalyse gesichert (24). In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erkennen, dass diese passiven und aktiven Maßnahmen nicht isoliert betrachtet werden und gegeneinander scharf abgegrenzt werden dürfen, sondern dass ein hohes, aber variables Maß an Interferenz immer besteht (5), (25-27).
Fazit für die Praxis
Die Art der Behandlung und Nachbehandlung von Kapselbandverletzungen am lateralen Sprunggelenk hat sich in den vergangenen Jahrzehnten erheblich verändert. Derzeit steht die konservative Therapie in den meisten Fällen nach akuten Verletzungen im Vordergrund. Eine Immobilisation kann allenfalls über wenige Tage nach einer frischen Kapselbandverletzung sinnvoll sein. Arthroskopische Verfahren zur Kapselbandreparation werden mehr und mehr eingesetzt. Bei chronisch-mechanischer Instabilität stehen anatomisch bandrekonstruktive Operationsverfahren im Vordergrund. Bandaugmentationen können die Rehabilitation sichern und beschleunigen. Die Studienlage bestätigt die Überlegenheit der funktionellen bzw. frühfunktionellen Therapie und Nachbehandlung mit äußeren Stabilisierungshilfen (Orthesen).
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Tabellen
Tab. 1: Terminologie zu Bandverletzungen am Sprunggelenk. Überarbeitet (5).
Tab. 2: Übersicht zur Differenzialindikation der Therapie bei Kapselbandverletzungen am lateralen Sprunggelenk.
Abbildungen
Abbildung 1: Definitionen, diagnostische Mittel und Schweregradanalyse bei chronischer Sprunggelenkinstabilität (5).