BUNDESGERICHTSHOF: PKV MUSS PRÄMIENERHÖHUNG GUT BEGRÜNDEN – SONST DROHT RÜCKZAHLUNG
Die Axa Kranken muss einem Kunden rund 2100 Euro zu viel gezahlter Prämien zurückerstatten. Der Versicherer habe die Beitragsanpassungen nicht ausreichend erläutert, urteilt der Bundesgerichtshof.
Köln. Wegen der mangelhaften Begründung von Prämienerhöhungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) hat die Axa Krankenversicherung erneut eine Schlappe vor dem Bundesgerichtshof (BGH) kassiert. Die Karlsruher Richter haben einem Kunden des Kölner Versicherers eine Erstattung zu viel gezahlter Prämien in Höhe von 2081,49 Euro plus Zinsen zugesprochen.
Wegen der zum Teil sprunghaften Prämienerhöhungen stehen die PKV-Anbieter seit Jahren in der Kritik und sehen sich einer Reihe von Gerichtsverfahren gegenüber. Zunächst hatten sich die Klagen gegen die vermeintlich fehlende Unabhängigkeit der Treuhänder gerichtet, die den Beitragsanpassungen zustimmen müssen. Hier hatte der BGH aber im Dezember 2018 zugunsten der Versicherer entschieden.
Nicht die erste Ermahnung des BGH
Bei den Schreiben, in denen die Kunden über die Beitragsanpassungen informiert werden, sieht der BGH Mängel auf Seiten der Unternehmen. Bereits im Dezember 2020 hatte das oberste Gericht der Axa Kranken ins Stammbuch geschrieben, die Gründe für Beitragsanpassungen nicht ausreichend erklärt zu haben.
Zu diesem Ergebnis kamen die Richter jetzt auch in einem zweiten Verfahren. Der Kläger habe aus der Mitteilung des Versicherers nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen können, dass eine über dem Schwellenwert liegende Steigerung der Versicherungsleistungen die Beitragserhöhung ausgelöst hat.
Die „Informationen zur Beitragsanpassung“ hätten in allgemein gehaltener Form die jährliche Durchführung der Prämienüberprüfung beschrieben, ohne das Ergebnis der aktuellen Überprüfung mitzuteilen. Das Argument, dass die Axa die zusätzlich eingenommenen Prämien schließlich für die Erbringung von Versicherungsleistungen und für die Bildung von Alterungsrückstellungen verwendet habe, ließ der BGH nicht gelten.
„Zahlungen des Versicherungsnehmers, die ohne wirksame Prämienerhöhung erfolgten, sind nicht nach den für Prämien geltenden Vorschriften zu verwenden“, hielten die Richter fest.
Der Kölner Rechtsanwalt Ilja Ruvinskij, der den Axa-Kunden vertreten hatte, begrüßte das Urteil. „Jetzt gibt es eine gleich mehrfach höchstrichterlich bestätigte Handhabe gegen die exorbitanten und unrechtmäßigen Beitragserhöhungen.“ Ruvinskij fordert PKV-Kunden auf, gegen die Erhöhungen vorzugehen.
Entscheidung ohne nachhaltigen Effekt?
Der Bund der Versicherten (BdV) warnt dagegen vor zu großen Hoffnungen in solche Klagen. Er verweist darauf, dass die Beitragsanpassungen inhaltlich nicht in Frage stehen würden. „Die jetzt zurückgeforderten Beitragserhöhungen holt sich der Versicherer zwangsläufig mit den nächsten Beitragsanpassungen zurück, da die Kosten ja feststellbar gestiegen sind“, sagt Vorstandssprecher Axel Kleinlein. Hinzu komme, dass die Versicherten möglicherweise Steuererstattungen und zu viel gezahlte Arbeitgeberanteile zurückzahlen müssen.
„Rückabgewickelte Prämienerhöhungen haben mittel- bis langfristig gravierend negative Folgen sowohl für die Versichertenkollektive als auch für den einzelnen Versicherten“, sagt auch Wiltrud Pekarek, Vorständin der Hallesche Krankenversicherung und Vorsitzende des Ausschusses Krankenversicherung der Deutschen Aktuarvereinigung.
Durch die Rückzahlungen entstünden beim Versicherer gleich zwei Lücken: in der notwendigen Äquivalenz zwischen Leistungen und Beiträgen über die gesamte Laufzeit sowie bei den Alterungsrückstellungen. „Somit wird die vermeintliche Ersparnis schnell zum Bumerang, und die doppelte Lücke muss durch überproportional hohe Beitragssteigerungen mit der nächsten rechtswirksamen Beitragserhöhung geschlossen werden.“
Bundesgerichtshof, Az.: IV ZR 36/20