BMG PLANT HILFSMITTELREFORM - BRANCHE FORDERT ENTBÜROKRATISIERUNG
Berlin. Verbände der Orthopädie- und Rehatechnik fordern eine nachhaltige Reform der Hilfsmittelversorgung. Wie es in einem am Montag veröffentlichen Positionspapier des Branchen-Bündnisses „Wir versorgen Deutschland“ (WvD) heißt, sei dieser Zweig der GKV-Versorgung von „überbordender Bürokratie und mangelnder Transparenz“ geprägt.
Das Bündnis spricht damit Kritikpunkte an, die – unter anderen – auch das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) in seinem „Sonderbericht über die Qualität der Hilfsmittelversorgung“ vom Oktober 2022 schon aufgegriffen hatte. Das Fazit des Amtes lautet, „dass sich das wettbewerbsbasierte Vertragsmodell in der Hilfsmittelversorgung nicht bewährt hat.“ Mitglieder der WvD-Initiative sind der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT), die Vertragsmanagementgesellschaften EGROH-Service, Reha-Service-Ring und rehaVital Gesundheitsservice, sowie das Franchiseunternehmen Sanitätshaus Aktuell AG, die Einkaufsgenossenschaft ORTHEG eG und der Verband Versorgungsqualität Homecare (VVHC).
In Berlin werden derzeit – veranlasst durch den BAS-Report – „gesetzliche Weiterentwicklungen im Hilfsmittelbereich geprüft“, wie das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage bestätigte. Hierzu stehe man „auf Fachebene mit Leistungserbringer- und Herstellerverbänden sowie dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-SV) im Austausch“. Verbindliche Auskunft zu Inhalt und Tragweite der möglichen „gesetzlichen Anpassungen und Änderungen“, so das BMG weiter, seien jedoch „frühestens im dritten Quartal zu erwarten“.
Die Wunschliste der Sanitätshausbranche:
„Leitverträge statt Einzelverträge“ – Nach Abschaffung der Ausschreibungen zur Hilfsmittelversorgung (2019 durch das TSVG) sei ein „Dschungel aus mehr als 1000 Einzelverträgen plus Einzelkostenvoranschlägen“ entstanden, der für Kassen, Leistungsanbieter und Patienten gleichermaßen unüberschaubar geworden sei. Stattdessen sollten Kassen und Spitzenverbände künftig für jeden Versorgungsbereich „Leitverträge“ aushandeln, in denen Leistungsumfänge und Ergebnisqualität einheitlich und für alle Marktteilnehmer gleichermaßen verbindlich vorgegeben werden.
„Reform der Schiedsverfahren“ – Vertragsstreitigkeiten sollten durch einen paritätisch mit Vertretern der Anbieter und der Kostenträger besetzen „Vertragsausschuss“ geklärt werden. Um Versorgungslücken infolge gescheiterter Vertragsverhandlungen zu verhindern, soll eine „paritätische Schiedsstelle“ notfalls verbindliche Vertragsinhalte festlegen können.
„Vereinfachte Zulassung zur Versorgung“ – Das jetzige duale System zum Erwerb einer Teilnahmeberechtigung an der Hilfsmittelversorgung (Präqualifizierung plus Vertrag mit Kostenträger) müsse abgelöst werden durch die einfache Präqualifizierung als Versorgungsberechtigung entsprechend den Anforderungen des sogenannten Leitvertrages. Am aktuellen dualen Teilnahmeverfahren wird bemängelt, dass es „für viele Häuser wirtschaftlich nicht darstellbar ist, in allen Segmenten dieses Flickenteppichs, der die gegenwärtige Vertragslandschaft prägt, einem Versorgungsvertrag beizutreten oder gar selbst zu verhandeln. Konsequenz: Nicht jeder, der versorgen könnte, tut dies.“
„Fokus auf den Versorgungsprozess statt auf einzelne Hilfsmittel“ – Zurzeit werde Versorgungsqualität hauptsächlich produktorientiert definiert, indem der GKV-Spitzenverband im Hilfsmittelverzeichnis produktbezogene Anforderungen bis hin zu den nötigen Fortbildungen festlege. Stattdessen müsse aber stärker das eigentliche Versorgungsziel in den Blick rücken: „Unter verbindlicher Einbeziehung der Leitlinien, Versorgungspfade und Empfehlungen der Fachgesellschaften“. In diesem Kontext fordern die Hilfsmittelerbringer auch ein Mitbestimmungsrecht im G-BA – „mindestens in den Unterausschüssen ‚Veranlasste Leistungen‘ und ‚Qualitätssicherung‘“.