BMC-Kongress - Ozegowski stellt Gretchenfrage
Ist die ePA ein staatliches oder ein privates Projekt?
Berlin. Das Projekt „elektronische Patientenakte“ wird auch die kommenden Bundesregierungen und die Organisationen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen beschäftigen. In der nächsten Legislaturperiode müssten weitere Ausbauschritte folgen, sagte die für Digitalisierung zuständige Abteilungsleiterin im Bundesgesundheitsministerium Dr. Susanne Ozegowski bei der Eröffnung des BMC-Kongresses am Dienstag in Berlin. Es stelle sich dabei die Frage, ob die ePA staatlich sei, auch von privaten Akteuren mit vorangetrieben oder von den Kassen gestaltet werden solle.
Die gematik, deren Hauptgesellschafter das Bundesministerium ist, habe es aktuell „unfassbar schwer, das Gesamtkonstrukt“ stabil zu halten, sagte Ozegowski. Dies werfe die Frage auf, ob es für Entwicklung und Betrieb der ePA tatsächlich einer Vielzahl von Industrieanbietern, die jeweils einzelne Komponenten herstellten, und um die 200 beteiligter Primärsysteme bedürfe.
Hilft Künstliche Intelligenz als Reagenz?
Dieses Thema müsse von der kommenden Regierung angegangen werden, um die Akzeptanz der Akte nicht zu beschädigen. Ozegowski warf die Frage auf, ob die Weiterentwicklung der ePA nicht stärker zentralisiert werden müsse, um Personalressourcen zu sparen, die sonst in weiteren innovativen Projekten fehlten. „Müssen wir Funktionen, die in der ePA standardisiert sind, tatsächlich von vielen verschiedenen Akteuren in möglichst exakt gleicher Form entwickeln und programmieren lassen?“ fragte Ozegowski. Möglicherweise sei Künstliche Intelligenz ein Mittel, um die Roadmap der Akte schneller umzusetzen.
Es gehe zudem auch um die Frage: „Wie machen wir die ePA smart?“ Es gehe ja nicht nur darum, Daten in der ePA zu haben, sondern darum, etwas damit zu machen, was Patienten helfe, Leistungserbringer entlaste und die Versorgung besser mache.
46 Millionen Akten ausgegeben
Ozegowski berichtete, dass die gesetzlichen Krankenkassen bereits 46 Millionen Akten angelegt hätten. In den kommenden sieben bis zehn Tagen hätten auch die noch nicht bedachten gesetzlich Versicherten gute Chancen, dass ihre Akte angelegt sei.
Wichtig sei nun, zunächst die Medikationslisten in den Akten zügig nutzbar zu machen, um Mehrwert für die Versorgung zu stiften. Jedes Jahr lande eine fünfstellige Zahl an Patientinnen und Patienten wegen unerwünschter Arzneimittelwechselwirkungen in den Notaufnahmen.
Lutz Hager: Reformen im laufenden Betrieb
Dass die Reformen im Gesundheitswesen stets im laufenden Betrieb stattfinden müssten, hatte BMC-Vorstandsvorsitzender Professor Lutz Hager in seiner Begrüßung angesprochen. Das Gesundheitswesen werde am meisten von KI profitieren. Es bestünde eine Vielzahl von Verknüpfungen zwischen Information und Handlungssträngen. „Am Ende wird es so sein, dass es leichter ist, mit KI den Krebs zu besiegen, als dass ein Roboter gerade die Rolltreppe hinuntergehen kann“.
Zudem sei das Gesundheitswesen mit einer Bruttowertschöpfung von rund 1,2 Milliarden Euro am Tag der größte Wirtschaftszweig in Deutschland. Diese Kräfte zu mobilisieren, sei eine Verantwortung ähnlich der, sich für das Klima einzusetzen, so Hager. (af)