BILANZ NACH VIER JAHREN: SIEBEN FORDERUNGEN SOLLEN MODELLPROJEKT ARMIN VORAN BRINGEN
Bereits seit 2014 läuft die Arzneimittelinitiative "ARMIN" in Sachsen und Thüringen. Die Beteiligten des Modellprojekts haben jetzt Bilanz gezogen und sieben Forderungen an die Politik übergeben.
DRESDEN. Die Arzneimittelinitiative ARMIN ist ein gemeinsames Projekt der Kassenärztlichen Vereinigungen sowie der Apothekerverbände Sachsen und Thüringen sowie der AOK PLUS. Mit dem Modellvorhaben, bei dem Ärzte nach Möglichkeit nur noch Wirkstoffe verordnen und die Apotheker die passenden Medikamente wählen und abgeben, sollen Qualität und Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung erhöht werden. Das Projekt läuft seit 2014 und soll bis 2022 weiterlaufen. Wichtiges Medikationsmanagement-Modul von Armin ist ein Medikationsplan, den chronisch kranke Patienten erhalten, die fünf Medikamente oder mehr einnehmen.
Bislang wurden laut Angaben der Projektpartner über drei Millionen Wirkstoffverordnungen ausgestellt. Rund 3500 Patienten werden aktuell im ARMIN-Medikationsmanagement betreut. Ziel ist es, nachdem der Medikationskatalog bereits Einzug in die vertragsärztliche Versorgung gefunden hat, auch die Wirkstoffverordnung und das IT-gestützte gemeinsame Medikationsmanagement in die Regelversorgung zu überführen. Damit dies gelingt, haben die Projektpartner von Armin jetzt Bilanz gezogen und Forderungen an die Politik formuliert.
Vertrauen in die Therapie erhöht
„Auch wenn wir aktuell erst im Planungsprozess für die Evaluation sind, wissen wir bereits aus den Gesprächen mit unseren Patienten, dass sich durch Armin deren Vertrauen in die Arzneimitteltherapie erhöht und damit auch deren Therapietreue verbessert hat“, so Thomas Dittrich, Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbandes e. V.. bei der Vorstellung des Forderungskatalogs an die Politik. Dittrich: „Wie erwartet, konnten wir falsche Medikamenteneinnahmen, das betrifft sowohl die Tageszeit wie auch die Art der Einnahme, bei vorrangig älteren Patienten aufklären oder unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt ausschließen.“
Mit ARMIN leisten wir eine wichtige Vorarbeit für die Kooperation von Ärzten und Apothekern bei der Erstellung von Medikationsplänen und damit für die Steigerung der Therapiesicherheit.
Dr. Annette Rommel, Vorstandsvorsitzende der KV Thüringen
„Mit Armin leisten wir eine wichtige Vorarbeit für die Kooperation von Ärzten und Apothekern bei der Erstellung von Medikationsplänen und damit für die Steigerung der Therapiesicherheit“, ergänzte Dr. Annette Rommel, Chefin der KV Thüringen. Damit möglichst viele Patienten profitieren könnten, müssten technische Hürden genommen und gesetzliche Regelungen getroffen werden.
Heilberufler ins Boot holen dürfen
So fordern die Projektpartner, dass künftig pharmazeutische Dienstleistungen in der Regelversorgung möglich gemacht werden. Dazu müsste Krankenkassen und KVen ermöglicht werden, auch andere Heilberufe (zum Beispiel Apotheker) in Verträge mit einzubeziehen. „Damit unsere Patienten auch nach der Modelllaufzeit von den Vorteilen des Armin-Medikationsmanagements profitieren können, müssen die derzeit geltenden Regelungen im Sozialgesetzbuch für Ärzte wie auch für die Apotheken erweitert werden“, erklärt Rainer Striebel, Vorstandsvorsitzender der AOK PLUS.
Eine weitere Forderung bezieht sich auf den mit dem E-Health-Gesetz eingeführten bundeseinheitlichen Medikationsplan. „Es müssen technisch und organisatorisch einheitliche Rahmenbedingungen erarbeitet werden, damit der elektronische Medikationsplan sektorenübergreifend, das heißt unabhängig vom jeweiligen Softwaresystem des Heilberuflers, genutzt werden kann“, erklärt Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbandes.
Auch müssten Rahmenbedingungen für einheitliche Arzneimittelinformationen geschaffen werden. Denn diese würden sich in den Softwaresystemen von Ärzten und Apothekern teilweise erheblich – je nach hinterlegter Arzneimittelstammdatenbank – unterscheiden. Dies erschwere zum Beispiel automatische Differenzabgleiche von Medikationsplänen aus verschiedenen Praxen oder Apothekenverwaltungssystemen.
Das sind die zentralen Forderungen:
- Patienten sollen das Recht auf einen praktikablen und sektorenübergreifenden elektronischen Medikationsplan bekommen. Damit dies gelingt, müsse das E-Health Gesetz noch in dieser Legislaturperiode fortgeschrieben werden. Vorgaben für die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen für eine sektorenübergreifende Erstellung und Pflege elektronischer Medikationspläne müssten dazu geschaffen werden.
- Erweiterung der derzeitigen gesetzlichen Regelungen für ein gemeinsames Medikationsmanagement im Rahmen der Regelversorgung. Damit soll etwa die Vergütung der erbrachten Gesundheitsdienstleistung ermöglicht werden.
- Gesetzliche Anpassung für die bundesweite Etablierung einer Wirkstoffverordnung. Die beinhaltet auch angepasste Abgaberegeln in der Apotheke – in Abweichung von § 129 Absatz 2 SGB V – damit es möglichst selten zu Wchseln bei der Abgabe der Fertigarzneimittel kommt.
- Senkung bürokratischer und rechtlicher Hürden, um etwa IT-gestützte Technologien schneller in der Patientenverorgung zu testen und zu verankern. Dazu nötig ist auch der Aufbau einheitlicher Standards
- Schaffung von Rahmenbedingungen für einheitliche Arzneimittelinformationen, um größtmögliche Klarheit für Patienten, Arzt und Apotheker im Medikationsplan zu ermöglichen. Diese müssen in elektronischen Verordnungssystemen und Arzneimitteldatenbanken zu Grunde liegen. Derzeit erschwerten unterschiedliche Softwaresysteme bei Apothekern und Ärzten den Informationsabgleich.
- Bessere Interoperabilität von Medikationsplanformaten. Dies beinhaltet auch die zügige Einigung auf eine Spezifikation des e-MEdikationsbplanes und die notwendige Zertifizierung der Softswaresysteme der Leistungserbringer. Die derzeit vorhandenen unterschiedlichen Systme seien untereinander nicht imer interoperabel.
- Die Industrie soll anwenderfreundliche Softwarelösungen bereit stellen. Dies sei Voraussetzung, um die zuvor genannten Punkte und Hürden zu überwinden. Ärzte und Apotheker sollen in die Anwendertests im Vorfeld stärker mit einbezogen werden.