BEHANDLUNGSFEHLER: SCHLICHTUNG SOLL VEREINHEITLICHT WERDEN
Damit die Verfahren an Schlichtungsstellen nicht unterschiedlich ablaufen, wurde zur Vereinheitlichung eine Rahmenverfahrensordnung erarbeitet.
DÜSSELDORF. Die Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen für ärztliche Behandlungsfehler bei den Ärztekammern haben die Grundlage für eine Vereinheitlichung ihrer Verfahren geschaffen.
Sie haben einen Vorschlag für eine Rahmenverfahrensordnung erarbeitet. Er liegt jetzt zur weiteren Bearbeitung bei der Bundesärztekammer. In einem nächsten Schritt müssen die einzelnen Ärztekammern die Statuten der Schlichtungsstellen ändern.
Zehn Jahre nachdem ein erster Anlauf zur Angleichung der Verfahren „krachend gescheitert“ sei, habe eine Arbeitsgruppe mit jeweils einem Vertreter der zehn Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen in Deutschland einen erneuten Versuch gestartet, berichtete der Vorsitzende der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein (ÄKNo) Johannes Riedel auf der ÄKNo-Kammerversammlung.
Bewusst von Denkverboten frei gemacht
Die Arbeitsgruppe habe sich bewusst von Denkverboten und der Einflussnahme von Kammervorständen frei gemacht. „Nur so war es möglich, dem Ziel einer möglichst weitgehenden Vereinheitlichung der Abläufe ein gutes Stück weit näherzukommen“, sagte Riedel.
Basis sei die akribische Analyse aller Verfahrensordnungen gewesen. Nach langen kontroversen Diskussionen habe sich die Arbeitsgruppe einvernehmlich auf einen Text verständigt.
Grundidee einer einheitlichen Verfahrensordnung sei, dass die Patienten und ihre Rechtsanwälte in den einzelnen Regionen auf ein im Wesentlichen gleiches Regelungswerk stoßen, erläuterte der ehemalige Präsident des Oberlandesgerichts Köln. Die Rechtsanwälte sollten von unliebsamen Überraschungen verschont werden, wenn sie Patienten in verschiedenen Bundesländern vertreten.
Bei der Gutachterkommission in Nordrhein ist die Anzahl neuer Anträge auf Feststellung eines Behandlungsfehlers von Anfang Oktober 2017 bis Ende September 2018 um 1,7 Prozent auf insgesamt 2001 gestiegen. Der Bestand an offenen erstinstanzlichen Verfahren erhöhte sich um knapp acht Prozent auf 1448.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer sank von 10,6 Monaten auf 10,2 Monate. Damit liegt die nordrheinische Einrichtung im bundesweiten Vergleich den Angaben Riedels zufolge „weit oben“.
Zwei Drittel der Verfahren waren in weniger als einem Jahr erledigt. Laut dem Tätigkeitsbericht der Kommission war acht Prozent der Anträge eine Anfrage der Patienten bei einer Krankenkasse vorausgegangen, die dann an die Gutachterkommission verwiesen hatte.
Chirurgen besonders oft unter Verdacht
Der Anteil der festgestellten Behandlungsfehler hat sich von 31 Prozent auf 32,2 Prozent leicht erhöht, weicht damit aber nicht wesentlich vom langjährigen Mittel (31,7 Prozent) ab. Die meisten Behandlungsfehlervorwürfe richteten sich gegen Chirurgen (17 Prozent), Orthopäden (15 Prozent) und Internisten (14 Prozent).
Allgemeinmediziner waren nur zu knapp vier Prozent Gegenstand eines Verfahrens. Bei ihnen stellte die Kommission allerdings in 37 Prozent der Fälle einen Behandlungsfehler fest. Überdurchschnittliche Fehlerraten gab es auch bei Radiologen (43 Prozent), Unfallchirurgen (39 Prozent) und Urologen (39 Prozent).
„Unterdurchschnittlich niedrige Behandlungsfehlerquoten lagen bei den häufiger in Anspruch genommenen Chirurgen (25 Prozent) und Orthopäden (25 Prozent) vor“, heißt es in dem Bericht. In Nordrhein kommt es auch dann zu einem Schlichtungsverfahren, wenn der Arzt seine Zustimmung dazu verweigert, was meist auf Veranlassung der Haftpflichtversicherer geschieht.
Im Berichtszeitraum widersprachen 162 Ärzte dem Begutachtungsverfahren, das war ein Anteil von acht Prozent (Vorjahr: 7,3 Prozent). 90 Verfahren wurden auf Antrag der Patienten ohne Beteiligung der Ärzte fortgesetzt, 34 von ihnen endeten mit der Feststellung eines ärztlichen Behandlungsfehlers.