BAG-AUFLÖSUNG: KEINE AUßERBUDGETÄRE VERGÜTUNG FÜR NEUPATIENTEN
Drei aus einer BAG hervorgegangene Einzelpraxen seien als Neugründungen anzusehen, so das LSG in Stuttgart. Sie seien teils mit einer Praxisübernahme vergleichbar, für die die Neugründungsklausel ebenfalls gelte.
Stuttgart. Wenn eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) sich auflöst und in Einzelpraxen aufgeteilt wird, sind die Einzelpraxen „Neugründungen“. Zwei Jahre lang können sie deshalb keine außerbudgetären Vergütungen für Neupatienten nach dem TSVG erhalten, wie das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart entschied.
Geklagt hatte ein Kardiologe aus dem Raum Stuttgart. Bis Ende Juli 2018 arbeitete er zusammen mit zwei anderen Vertragsärzten in einer BAG, seit Juli 2018 haben alle drei Ärzte jeweils eine Einzelpraxis.
Dabei konnte der Kläger am früheren Standort der BAG bleiben. Nach Inkrafttreten des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) rechnete er im Streitquartal 3/2019 auch 60 Fälle mit der TSVG-Kennzeichnung 99873E für Neupatienten ab. Doch die KV kürzte die Honorarabrechnung entsprechend. Per Bescheid ließ sie den Kardiologen wissen, dass die außerbudgetäre Vergütung für Neupatienten nach den Vorgaben des Bewertungsausschusses „erst nach acht vollen Quartalen nach Praxisgründung“ gezahlt werde.
Widerspruch blieb ohne Erfolg
Der Kardiologe meinte, die Neupraxen-Regelung sei nichtig. Denn der Bewertungsausschuss habe keine Ermächtigung gehabt, eine solche Regelung zu treffen. Lediglich die zu begünstigenden Arztgruppen habe er auswählen dürfen. Zudem sei seine Praxis keine Neugründung.
Der Widerspruch des Arztes blieb freilich ohne Erfolg, und das Sozialgericht Stuttgart wies auch die Klage ab. Dem ist in zweiter Instanz nun das LSG gefolgt. Das Sozialgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen.
Jede Praxis müsse um Patienten werben
Zur Begründung erklärte das LSG, die drei aus der BAG hervorgegangenen Einzelpraxen seien als Neugründungen anzusehen. Sie seien teils mit einer Praxisübernahme vergleichbar, für die die Neugründungsklausel ebenfalls gelte. Die Auflösung einer BAG besserzustellen, wäre nicht nachvollziehbar. Die drei nun voneinander unabhängigen Praxen könnten den zuvor gemeinsamen Patientenstamm nicht fortführen. Vielmehr müsse jede Praxis um diese und andere Patienten werben.
Dass die Praxis bei der Honorarverteilung als Bestandspraxis gilt, ändere daran nichts. So werden bei einer BAG-Auflösung die Fallzahlen auf die nachfolgenden Einzelpraxen verteilt. Der Bewertungsausschuss sei frei gewesen, eine eigenständige Regelung zur extrabudgetären Vergütung bei Aufnahme von Neupatienten zu treffen. Die Ermächtigung zur Auswahl der begünstigten „Arztgruppen“ greife auch hier. (mwo)
Landessozialgerichts Baden-Württemberg, Az.: L 5 KA 3909/21