Arzt-Patienten-Kommunikation jetzt über die ePA möglich
Am 15. Juli ist die Anbindung des TI-Messengers (TIM) an die elektronische Patientenakte (ePA) gestartet. Versicherte, die die ePA-App nutzen, werden nach und nach die neue Funktion TI-Messenger sehen und nutzen können. Das hat Vorteile für Praxen und Patienten. Dafür sei allerdings ein Update der App erforderlich, so die gematik.
Über das Modul in der App greifen Versicherte auf den Verzeichnisdienst zu, das Adressbuch der Telematikinfrastruktur (TI). Hier sind die Einrichtungen aufgelistet, die bereits mit dem TIM arbeiten und mit denen Versicherte über diesen Kanal kommunizieren können. Der Chat werde in der Regel von der Einrichtung eröffnet; Versicherte haben dann die Möglichkeit, darüber zu antworten.
Die Nutzung sei freiwillig, also eine zusätzliche Kommunikationsmöglichkeit, so die gematik weiter. TIM sei nicht nur ein sicheres WhatsApp, auch wenn der Vergleich immer wieder gezogen werde. „Das reduziert den TIM aufs Chatten, es ist aber eine Anwendung eingebettet in die Infrastruktur der TI“, sagt Marie Ruddeck, Produktmanagerin TI-Messenger bei der gematik.
Verschiedene Messenger sind miteinander interoperabel
Das Spannende an TIM ist, dass die verschiedenen Messenger auf dem Markt miteinander interoperabel sind, ähnlich wie bei unterschiedlichen E-Mail-Anbietern. Nutzer müssen also nicht denselben TIM verwenden, um sich miteinander auszutauschen – so wie dies bei herkömmlichen Messengers der Fall ist.
Über TIM lässt sich chatten, es lassen sich Sprachnachrichten verschicken, Bilder und Dokumente versenden. Und Empfänger und Sender können sicher sein, dass die jeweils andere Person auch wirklich die Person ist, die sie vorgibt zu sein. Alle zertifizierten Anbieter greifen dabei auf ein gemeinsames bundesweites Adressbuch zurück, in dem die Kontaktdaten, von Krankenhäusern, Arztpraxen oder Apotheken zu finden sind.
Leistungserbringer oder medizinische Einrichtungen können individuell festlegen, wie sie angezeigt werden. Versicherte sind über ihre Chatadresse (MXID) oder den QR-Code aus der App auffindbar. Dabei haben alle Versicherten eine individuelle Matrix-ID und müssen ein sicheres Identifikationsverfahren durchlaufen, um den Messenger nutzen zu können.
TIM erfülle höchste Sicherheitsanforderungen der zuständigen Behörden (BSI, BfDI), so die gematik. Mit TIM kämen Informationen schnell von A nach B und der Messenger könne auch mobil genutzt werden, erläutert Ruddeck.
Zwischen Datenschutz und Usability
Damit Anbieter ihren TIM auf den Markt bringen können, vergibt die gematik eine so genannte Anbieterzulassung an die Hersteller. Wenn die Hersteller alle Voraussetzungen erfüllen, gibt es eine Produktzulassung sowie zuletzt eine kontrollierte Inbetriebnahme, wie die gematik berichtet.
„TIM hat wie alle TI-Anwendungen ein hohes Sicherheitsniveau. Wir bewegen uns dabei immer zwischen Datenschutz und Usability. Wir stellen als gematik die Infrastruktur, die Daten liegen allerdings bei den verschiedenen Anbietern“, sagt Ruddeck.
Aktuelle TIM-Anbieter:
- Akquinet
- Awesome Technologies
- CompuGroup Medical (CGM)
- Famedly
- Gedisa
- samedi
- x-tention
Der Markt der Messenger-Anbieter sei derzeit noch sehr in Bewegung, so die Produktmanagerin. Ruddeck ist bewusst, dass Praxen sich eine Integration des TIM ins Primärsystem wünschen. Da es einfacher wäre, wenn Ärztinnen und Ärzte aus dem Praxisverwaltungssystem (PVS) den Versicherten schreiben können. „Es wird derzeit ein wenig darauf gewartet, dass Hersteller die Schnittstelle zu TIM einbauen“, sagt sie.
Diesen Wunsch hat auch Jana Husemann, Hausärztin in Hamburg. „Wir brauchen dringend eine Schnittstelle zum PVS.“ Husemann hat bereits im letzten Jahr als Pilotpraxis TIM getestet und den Messenger dabei gemeinsam mit einer Apotheke und einem Pflegedienst ausprobiert.
„Ich habe mich am Anfang schon gefragt, für was brauchen wir einen Messenger? Mir war nicht bewusst, wie oft wir miteinander telefonieren“, berichtet sie. TIM würde das Telefon extrem entlasten und man habe nicht mehr jemanden am Apparat, der keine Ahnung hat und erst einmal den richtigen Ansprechpartner suchen muss.
„Wir blieben alle auch nach der Pilotphase dabei“, sagt die Hausärztin, „denn TIM bietet einen großen Mehrwert.“ Es werde über TIM hauptsächlich kommuniziert, was sonst am Telefon stattgefunden hätte, so Husemann.
Praxiskommunikation läuft über TIM
Mittlerweile laufe die gesamte Praxiskommunikation über TIM. „Wir können offen über Patienten sprechen, da TIM ein sicherer Raum ist.“ Am Anfang hatten Husemann und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Browserversion genutzt, was sich aber als nicht so sinnvoll herausgestellt hat, da man sich bei einem Arbeitsplatzwechsel wieder neu einloggen musste. Mittlerweile nutzten alle TIM am Smartphone.
Gleichzeitig hat Husemann im PVS noch einmal einen weiteren Messenger, der mehr Funktionen als TIM hat. „Es wäre schön, wenn wir nur einen benutzen müssten“, sagt sie. Wer sich am Ende durchsetze, das werde aus Sicht der Hausärztin auf die angebotenen Funktionen und Oberfläche ankommen.
Ihr TIM-Anbieter sei noch sehr auf Kliniken zugeschnitten und müsse noch lernen, auf was es im ambulanten Bereich ankommt.
Ob TIM auch von Patienten genutzt wird, hängt laut der Hausärztin davon ab, wie einfach es ist, sich für die ePA und somit für TIM zu registrieren.
Toll wäre es, wenn mit TIM alle Patienten per Push-Nachricht erreicht werden könnten, etwa zur Grippe-Impfung oder Praxisschließzeiten. Husemann geht bisher nicht davon aus, dass sie TIM so freischaltet, das Patienten die Praxis anschreiben können.
Sektorenübergreifende Nutzung mit dem Matrix-Protokoll
Die Vorteile des TIM werden zum Tragen kommen, wenn viele es nutzen, aber die Anbindung sei nicht verpflichtend, so die gematik. „Die Einrichtungen und Leistungserbringer, die bereits in der Modellregion mit dem TIM arbeiten, wollen ihn nicht mehr missen“, so Ruddeck.
Um sich ein Netzwerk aus Ärzten, Apotheken, Pflegeeinrichtungen, Kliniken und Patienten zu schaffen, müssten die einzelnen Akteure aber im Vorfeld miteinander sprechen und die Kommunikation müsse umgestellt werden. „Im besten Fall würden Ärzte sich Partner suchen, mit denen sie regelmäßig kommunizieren, und vorschlagen den TIM einmal auszuprobieren“, sagt Ruddeck.
Der TIM sei Vorreiter bei der sektorenübergreifenden Nutzung mit dem Matrix-Protokoll. Denn ein solches System, das alle Sektoren im Gesundheitssystem miteinander verbindet, gebe es noch nicht. Umsonst sei der Messenger allerdings nicht.
Er wird nicht finanziert, Ärzte müssen ihn komplett selbst bezahlen. Wie sich die Preise der Messenger-Anbieter entwickeln werden und welche Optionen etwa die PVS-Anbieter künftig anbieten, werde sich zeigen.
Auch in dem Bereich der Anbieter erwartet die gematik Bewegung. Sobald den Ärzten bewusst werde, dass TIM sie entlaste, werde sich auch der Mehrwert zeigen, etwa wenn der Empfangsbereich leerer ist, weil Patienten vor allem bei schnell zu klärenden organisatorischen Anliegen per Chat betreut werden können.
TIM: So bereiten Sie sich auf die Nutzung vor
Name für den Organisationsserver: Jede Organisation erhält einen eigenen Server. Dies ist notwendig, um die Daten zu schützen. Der Name des Servers wird als Domain bezeichnet, dafür ist ein logischer, leicht merkbarer Namen zu vergeben.
Anzahl der Benutzer festlegen: In der Regel erhält jeder Mitarbeiter ein Benutzerkonto. In bestimmten Fällen ist es aber auch möglich, ein gemeinsames Benutzerkonto zu nutzen (z.B. für mehrere Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen am Empfang). Dabei ist es sinnvoll, sich das Lizenzmodell des Anbieters anzuschauen, da dieses ggfs. von der Anzahl der Nutzer abhängig ist.
Administration planen: Die Administration des TIM ist nur für bestimmten Personen zugänglich. Diese Personen werden als „Organisations-Administrator“ (kurz OrgAdmin) bezeichnet. In der Benutzeroberfläche des OrgAdmins können neue Benutzerkonten erstellt oder bestehende deaktiviert werden.
Aktive Nutzer bestimmen: Mit Funktionspostfächern können einzelne Stationen, Abteilungen oder andere Einrichtungen gezielt angeschrieben werden, ohne dass die individuellen Benutzerkonten im Verzeichnis sichtbar sind. Ein individuelles Benutzerkonto ist notwendig, wenn eine Person (z.B. mit einem eHBA) persönlich über das Verzeichnis kommunizieren möchte.
Funktionspostfächer festlegen: Aussagekräftige Funktionspostfächer (z.B. Ärzte, QM, Annahme, Abrechnung) definieren.
Geräte bestimmen: Die Nutzung über einen Browser am PC erfordert eine regelmäßig Neuanmeldung. Bei Mobilgeräten ist eine Neuanmeldung nicht erforderlich.
eHBA aktivieren: Mit aktiviertem eHBA kann persönlich über das Verzeichnis kommuniziert werden.
Quelle:
gematik
Ärzte Zeitung - Springer Medizin Verlag GmbH
