ABRECHNUNGSDATEN: TELEMEDIZIN BLEIBT LADENHÜTER
Telemedizinische Leistungen werden von Vertragsärzten offenbar noch selten erbracht. Diese ernüchternde Realität zeichnet der Bewertungsausschuss nach der Auswertung von Abrechnungsdaten.
Von Daniel Burghardt
BERLIN. Schleppender Start für die Telemedizin – die Rufe nach mehr Tempo dürften noch lauter werden. Die mit dem zweiten Bericht des Bewertungsausschusses (BA) zum Stand telemedizinischer Anwendungen präsentierten Nutzungszahlen bis Ende 2017 verbindet allesamt eines miteinander: kaum der Rede wert.
Das gemäß Paragraf 87 Absatz 2a Satz 15 SGB V definierte Ziel des dem Bundesgesundheitsministerium vorgelegten Berichts ist, die „notwendige Transparenz hinsichtlich der Durchführung und Erfüllung der dem Bewertungsausschuss vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben herzustellen“ – und tatsächlich werden viele Seiten interessiert daran sein, in welchem Umfang die Telemedizin in der Praxis schon genutzt wurde.
Funktionsanalysen kaum gefragt
Bereits seit 1. April 2016 wird die telemedizinische Kontrolle von ICD- und CRT-Geräten im EBM vergütet, mit einer Modifikation zum 1. Oktober 2017, um dem unterschiedlichen Aufwand Rechnung zu tragen.
Den Daten des Ausschusses zufolge haben Ärzte im 4. Quartal 2017 beispielsweise 4083 telemedizinische Kontrollen von Kardiovertern nach den EBM-Nummern 13574 und 13576 abgerechnet – der Anteil dieser Kontrollen an der Gesamtheit aller Kontrollen betrug jedoch lediglich 1,4 Prozent. Telemedizinische Funktionsanalysen wurden im erhobenen Zeitraum, demnach nur in „eher geringem Umfang erbracht“, schließt der Bewertungsausschuss.
Verstärkt gilt dies für telekonsiliarische Leistungen und Videosprechstunden. Beide Leistungen sind seit dem 1. April 2017 EBM-Bestandteil – doch sie wurden vom 2. bis 4. Quartal 2017 „noch nicht in nennenswertem Umfang“ erbracht, heißt es im Bericht.
So wurde bis Ende 2017 nur eine einzige telekonsiliarische Befundbeurteilung von Röntgenaufnahmen abgerechnet (GOP 34810). Auch bei CT mit insgesamt sieben Befundbeurteilungen hat sich das Telekonsil in der Versorgung nicht etabliert.
Kaum anders das Bild in der Videosprechstunde: Die über den Zuschlag Nr. 01450 abgerechneten Videosprechstunden steigerten sich von sechs (Q2) auf 349 im 4. Quartal 2017. Doch nur in 68 Fällen wurde die Videosprechstunde selbst nach GOP 01439 abgerechnet, für insgesamt 630 Euro, bundesweit. Die Leistung ist nur abrechenbar, wenn es im Quartal keinen direkten Arzt-Patienten-Kontakt gibt.
Zu beachten ist, dass Leistungen, die über Selektivverträge erbracht werden, vom Bewertungsausschuss nicht erfasst worden sind. Gerade zur Videosprechstunde, zum Beispiel mit Pflegeheimen, gibt es einige Verträge, die Krankenkassen zum Teil mit Praxisnetzen vereinbart haben.
Videosprechstunde bleibt im Fokus
Der Bewertungsausschuss prüfe nun unter anderem, wo Videosprechstunden noch eingesetzt werden könnten, heißt es weiter im Bericht – dabei solle auch die Lockerung des Fernbehandlungsverbots beachtet werden.
Ein Schub dürfte auch vom Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) ausgehen, über das die Selbstverwaltung aufgefordert wird, zum 1. April 2019, Videosprechstunden im „weiten Umfang“ zu ermöglichen.
In Pflegeheimen kann diese Form der Telemedizin helfen, den Betreuungsaufwand für Ärzte zu reduzieren. Ob dies gelingt, wird die Neubewertung durch die Selbstverwaltung zeigen.